KIrchensanierung der Christuskirche in Neustadt
© epd-bild/Architekturbüro Brückner/Ingenthron
Ist-Zustand und Entwurf: Die evangelische Christuskirche Neumarkt soll freundlicher und heller werden, mehr Weite und Raum bieten. Das wünschen sich viele Gemeindemitglieder. Im Frühjahr ist Sanierungsbeginn.
Sanierung der Christuskirche Neumarkt beginnt
Evangelisches Wahrzeichen erhält neues Gesicht
Ein Meilenstein auf dem Weg zur Renovierung der Christuskirche in Neumarkt ist erreicht: Neben substanzerhaltenden Maßnahmen erhält das evangelische Wahrzeichen ab Frühjahr auch ein modernes Gesicht.
16.01.2021
epd
Gabriele Ingenthron

Wer den Kirchenraum der Christuskirche in Neumarkt betritt, dem erscheint er dunkel und wenig einladend. Das gottesdienstliche Geschehen richtet sich frontal am Altar aus. Stufen führen zum Ort hinauf, an dem das Wort verkündet wird. "Der Altarraum entspricht einem Liturgieverständnis der 1930er-Jahre", sagt Michael Murner, der geschäftsführende Pfarrer der evangelischen Christuskirche.

Die Kirchenvorsteher versuchten die unzeitgemäße Formensprache, so gut es ging, zu kompensieren, trugen einen Tischaltar hinein, um das Abendmahl gemeinsam mit den Gläubigen feiern zu können. Doch eigentlich reichte der Platz nicht aus. Jahrzehntelang habe man sich damit abfinden müssen, sagt Murner.

Risse, Feuchtigkeit und Hoffnung

Erst als die ehemalige Kapuzinerkirche auch noch Risse im Gewölbe, Feuchtigkeit in den Wänden und ein undichtes Dach aufwies, konnte die Kirchengemeinde Hoffnung schöpfen - und nahm eine Neugestaltung in den Blick. Dieser Prozess begann vor etwa drei Jahren. Heller, transparenter und multifunktionaler sollte die Kirche werden, ergab eine Umfrage unter Kirchenmitgliedern. In Zusammenarbeit mit dem Landeskirchenamt und einem Architekturbüro entwickelten sie ein Konzept, wie eine Kirche der Zukunft aussehen könnte.

Der Plan sieht vor, den früheren Chorraum wieder zu öffnen. Die Trennwand, die bislang das Kirchenschiff von drei Viertel des ehemaligen Chorraums trennte, soll entfallen, um wieder eine größere Fläche zu gewinnen. Damit die Kirche nicht wie ein schmaler, nach vorne gerichteter Schlauch wirke, werden Ecken und Kanten im Chorraum abgerundet - ein architektonischer Kunstgriff, der die Raumaufteilung harmonischer wirken lassen soll. Durch den Abbau des Hochaltars und seiner Treppenstufen entstünde auch eine größere Fläche, so dass mehr Menschen im Altarraum Platz fänden. "Ein spektakulärer Entwurf", findet Kirchenvorsteher Ralf Thaben.

Altar funktioniert künftig als Schanier

Der neue Altar soll zugleich weiter ins Zentrum rücken und werde von beiden Seiten nutzbar sein. "Er wirkt wie ein Scharnier, das zwischen den beiden Raumteilen Kirchenschiff und Chorraum liegt", erläutert Murner. Die Christuskirche gewinnt auf diese Weise im Chorraum einen zusätzlichen Ort für kleinere Andachten, auch kirchenmusikalische Aufführungen oder profane Veranstaltungen. Und in der Tiefe des Chorraums ist ein Tauf-Ort vorgesehen, mit einem in den Boden eingelassenen Becken.

Nur ein großes Holzkreuz mit der aus Lindenholz geschnitzten Christusfigur im neoklassizistischen Stil wird nicht mehr im Chorraum hängen, sagt Murner. Bei einigen, vor allem älteren Gemeindemitgliedern, habe dies zwar zunächst Bedauern ausgelöst. Im Laufe des Entwicklungsprozesses sei die Skepsis aber mehr und mehr gewichen.

Das liegt wohl auch daran, dass die Christusfigur nicht komplett verschwinden wird. Sie soll in einem "Raum der Stille" in der ehemaligen Sakristei aufgehängt werden, aber ohne Kreuz. Versuchsweise wurde ein zweidimensionales Modell in Originalgröße dort installiert, um einen Eindruck von der Wirkung zu vermitteln. "Der Korpus wird dort als viel nahbarer und verletzlicher erlebt", sagt Murner. Mit dem Raum der Stille soll zugleich "ein definierter Ort des Schmerzes" in der Kirche entstehen. "Wohin sollten die Menschen sonst mit ihren Verlusten, mit dem, was in ihrem Leben zerbrochen ist", fragt der Pfarrer.

Hausaufgabe: moderne Kreuzlösung

Das Konzept, das nach Ostern umgesetzt werden soll, hat offenbar auch die ältere Generation überzeugt. "So wie es jetzt ist, kann es nicht bleiben. Wir müssen die Kirche umgestalten, damit sich auch die Jugend wieder angesprochen fühlt", sagt Klaus Baum. Mit seinen 82 Jahren hat er schon viele Generationen in dem Gotteshaus ein- und ausgehen sehen. Nur noch eine Hausaufgabe bleibe der Kirchengemeinde, sagt er. "Eine moderne Kreuzlösung muss her." Sie sollte sich der Neugestaltung unterordnen und von vorne und hinten sichtbar sein, was beim alten Kreuz mit Korpus nicht der Fall war.

Angetan vom modernen Kirchenkonzept zeigte sich auch Helmut Braun, der Kunstreferent der Landeskirche. Als "mutig und einmalig" bezeichnete er den Entwurf für die ehemalige Kapuzinerkirche, die fast 350 Jahre alt ist. Die Landeskirche will sich auch finanziell an dem 3,5 Millionen Euro-Projekt beteiligen.