Rissiges Mauerwerk, feuchte Wände und einsturzgefährdete Dächer: 16 der insgesamt 18 evangelischen Dorfkirchen auf der Halbinsel Eiderstedt (Kreis Nordfriesland) müssen dringend saniert werden, einige von ihnen sind einsturzgefährdet. 19,5 Millionen Euro wird die Wiederherstellung des Kirchenensembles kosten. Nach zähem Ringen um finanzielle Mittel und die Genehmigung von Bauanträgen könne es nun losgehen, teilte der Kirchenkreis Nordfriesland jüngst mit. Der Bund beteiligt sich mit 9,35 Millionen Euro, der Rest soll über Eigenmittel der Kirche, einen Zuschuss vom Land (500.000 Euro) und Spenden finanziert werden. Als erstes sind die beiden Kirchen in Oldenswort und Kotzenbüll dran. Bei ihnen ist laut Gutachtern der Schaden am größten.
Bisher kamen 350.000 Euro durch die Fundraising-Aktion "Eiderstedter Schutzengel" zusammen. "Mehr als 1.000 Menschen haben gespendet", sagte Michael Goltz vom Projekt. "Mit so großem Zusammenhalt schaffen wir auch noch den Rest." Von einem "wichtigen Meilenstein für die Sanierung" sprach der Schleswiger Bischof Gothart Magaard am 4. Dezember.
Holzschwamm lässt Balken verrotten - wachsende Risse im Mauerwerk
Allein für die Nikolaikirche in Kotzenbüll sind 3,7 Millionen Euro Sanierungskosten veranschlagt. Ein eindrückliches Holständerwerk zieht sich durch das Kirchenschiff und stützt die durch einen Holzschwamm verrottenden Trägerbalken des Dachs. Ansonsten würde hier akute Einsturzgefahr drohen. Durch einen Holzschwamm verrotten die Trägerbalken. Hinter dem reich verzierten Schnitzaltar zieht sich ein Riss im Mauerwerk vom Boden bis ins Dach. "Vor drei Jahren passte nur mein kleiner Finger in die Spalte, jetzt sind es schon drei", sagt Pastor Michael Goltz, der sich seit 2017 als Fundraiser für den Erhalt des Kirchenensembles stark macht.
Die Bewegung im Fundament macht die Statik in den Mauern instabil. Die meisten Kirchen auf Eiderstedt wurden im 12. Jahrhundert noch auf Warften gebaut. Damals bestand Eiderstedt noch aus aus zwei Inseln und einer Halbinsel, der Boden war nass. Später wurden die Inseln zusammengelegt und dem Boden die Feuchtigkeit entzogen. Der trockene Boden gibt den Kirchen nun nicht mehr den nötigen Halt. Durch Temperaturunterschiede während der Jahreszeiten bewegt sich das Fundament und die Mauern gleich mit - im schlimmsten Fall bis zum Einsturz.
Dieses Phänomen macht auch der Kirchengemeinde St. Pankratius in Oldenswort zu schaffen. Vor ein paar Jahren, kurz vor Weihnachten, musste der prächtige Chorraum der Kirche mit dem romanischen Gewölbe wegen Einsturzgefahr geschlossen werden. Seitdem ist er durch eine Spanplatte vom übrigen Kirchenschiff abgetrennt.
Fataler Fehler: mit Zement nachgebessert
Wie an vielen Eiderstedter Kirchen wurden auch in Oldenswort die Außenwände nachträglich mit Zement verfugt - ein fataler Fehler. Wasser kann so in die weicheren Backsteine eindringen und diese auflösen. Immer wieder platzen Steinbrocken ab. Außerdem dringt Feuchtigkeit durch die Mauern ins Kircheninnere. Eine Wandmalerei des heiligen Christophorus wurde auf diese Weise schon stark beschädigt.
Auch das Kirchendach ist kaputt - ein Grundproblem der Eiderstedter Kirchen. Die Dächer wurden aus englischen Schieferplatten zusammengenagelt. Die Nägel rosten aber mit der Zeit und verlieren ihre Köpfe. Bei starkem Wind fliegen immer wieder einzelne, messerscharfe Schieferplatten über die Kirchhöfe. "Bei 14 Kirchen müssen die Dächer komplett neu eingedeckt werden. Mit 100.000 neuen Schieferplatten entspricht das der Größe eines Fußballfeldes", sagt Goltz.
Neben den Kirchen in Oldenswort und Kotzenbüll stehen auch die Gotteshäuser in Garding, Katharinenheerd, Tating, Kating, Koldenbüttel, Osterhever, Poppenbüll, Tetenbüll, St. Peter-Dorf, Tönning, Uelvesbüll, Welt, Westerhever und Witzwort auf dem Sanierungsplan. Die St. Nikolai Kirche in St. Peter-Ording und die St. Martin Kirche in Vollerwiek sind die einzigen Kirchen, die nicht restauriert werden müssen.