Steinert sagte dem epd, er selbst sei vor vier Jahren einen Teil des Jakobswegs durch Ostdeutschland gepilgert und dabei noch auf keinen anderen Pilger gestoßen: "Zum Pilgern gehört auch die menschliche Begegnung. Und die ist damals ausgeblieben."
Wenn künftig wie in Berlin auch andernorts die Infrastruktur entlang des Jakobswegs ausgebaut werde, "wird der Weg hoffentlich auch wieder mehr genutzt und dann kann auch hier menschliche Begegnung stattfinden", sagte Steinert, der auch Geschäftsführer des Lesben- und Schwulenverbandes Berlin-Brandenburg ist.
Pilgern komme vom lateinischen "pergere" oder "per agere" und bedeutet ursprünglich "jenseits des Ackers" oder "in der Fremde". In der Fremde lerne man Fremdes kennen. "Wenn ich nur unter meinesgleichen bleibe, kann ich nichts Neues mit in die Heimat nehmen", sagte der Vertreter der Jakobusgesellschaft weiter.
Steinert verwies darauf, dass 2019 auf dem Jakobsweg Menschen aus 190 Nationen unterwegs waren. An kaum einem anderen Ort könne man so viele unterschiedliche Menschen kennenlernen. "Wenn man mit fremden Menschen die Nacht zusammen im Schlafsaal einer Pilgerherberge verbringt, muss man sowohl rücksichtsvoll miteinander umgehen als auch Unterschiedlichkeit aushalten können", berichtete der leidenschaftliche Pilger.
"Für Deutschland wünsche ich mir, dass diese Dimension beim Pilgern auf den Jakobsweg-Routen dazukommt", sagte Steinert weiter. Dies sei gerade in Ostdeutschland noch nicht so ausgeprägt.
Steinert äußerte sich anlässlich der Eröffnung der ersten Jakobsweg-Stempelstation in Berlin durch den Evangelischen Kirchenkreis Tempelhof-Schöneberg am kommenden Montag (24. August). Hintergrund ist, dass mitten durch die deutsche Hauptstadt eine alte Jakobsweg-Route, die Via Imperii, führt. Weiter verläuft die Strecke über Brandenburg, Sachsen-Anhalt, Thüringen, Sachsen, Bayern, Baden-Württemberg, die Schweiz, Frankreich nach Spanien bis zur Kathedrale von Santiago des Compostela, dem traditionellen Ziel des Jakobswegs.