Pfarrerin der westfälischen Kirche will parteilose Bürgermeisterin bei Kommunalwahl in NRW werden.
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Die evangelische Pfarrerin Ulrike Schwarze aus Kirchlengern bei Herford will bei der Kommunalwahl in NRW erste Bürgermeisterin in ihrer Heimatgemeinde werden.
Von der Kanzel in den Wahlkampf
Bei der Kommunalwahl in NRW kandidieren zwei westfälische Theolog*innen als Bürgermeister
Zwei evangelische Theolog*innen aus Westfalen treten bei der Kommunalwahl 2020 an. Pfarrerin Ulrike Schwarze aus Kirchlengern bei Herford sieht ihr politisches Anliegen dem der Seelsorgerin nahe: Menschen zueinander bringen und Zusammenhalt stärken.
04.05.2020
epd / evangelisch.de
Ralf Bittner

In der Corona-Krise hat Pfarrerin Ulrike Schwarze aus der westfälischen Kirchengemeinde Hagedorn derzeit alle Hände voll damit zu tun, Online-Gottesdienste vorzubereiten, die Menschen in den sozialen Netzwerken über das Gemeindeleben auf dem Laufenden zu halten und ihnen in Video-Botschaften Mut zu zusprechen. Ihr persönlicher Facebook-Blog "Ulrike Schwarze - Bürgermeisterin für Kirchlengern" ruht. Doch am 20. Juli wird die evangelische Theologin ihren Talar in den Schrank hängen und auf Wahlkampftour gehen. Die 55-Jährige kandidiert bei der im September geplanten Kommunalwahl in NRW für das Amt der Bürgermeisterin in ihrer Heimatgemeinde Kirchlengern im Kreis Herford.

"Alle, mit denen ich bisher gesprochen habe, sagen mir, dass das der richtige Weg ist", sagt Schwarze, die seit 24 Jahren als Pfarrerin in Kirchlengern-Hagedorn tätig und zusätzlich als Polizei- und Notfallseelsorgerin aktiv ist. Auch in ihrer Kirchengemeinde und dem Presbyterium werde ihre Entscheidung akzeptiert. Antreten wird sie für die SPD, allerdings als parteilose Kandidatin. Auch im Falle das Wahlsieges wolle sie nicht in die Partei eintreten, betont die Pfarrerin der westfälischen Kirche. Wie es das Pfarrdienstgesetz vorschreibt, hat Schwarze ihre Dienstherrin noch vor Annahme ihrer Kandidatur informiert. Selbstverständlich werde sie bis zum Beginn des Wahlkampfes in ihrem kirchlichen Amt strikte Neutralität waren, sagt sie.

Theologe Stucke will Altenbeken steuern

In den 20 evangelischen Landeskirchen in Deutschland kommt es immer wieder vor, das sich Pfarrer*innen für politische Ämter bewerben. In der westfälischen Kirche gibt es in diesem Jahr neben Pfarrerin Schwarze einen weiteren Pastor, der bei der Kommunalwahl 2020 antritt.

Der Diplom-Theologe Ingo Stucke aus der Bartholomäus-Gemeinde in Bielefeld will Bürgermeister in Altenbeken bei Paderborn werden.

Der Diplom-Theologe Ingo Stucke (48) aus der Bartholomäus-Gemeinde in Bielefeld, der von 2005 bis 2010 auch nebenamtliches Mitglied der Kirchenleitung der Evangelischen Kirche von Westfalen war, will Bürgermeister im katholisch geprägten Altenbeken bei Paderborn werden. Seit 1989 ist er SPD-Mitglied. Gleich zwei Kandidaten aus der westfälischen Kirche bei einer solchen Wahl gebe es nicht häufig, sagt der Sprecher der Landeskirche, Andreas Duderstedt.

In der rheinischen Kirche hätten bislang eine Handvoll Theolog*innen für ein Bürgermeisteramt kandidiert, heißt aus dem Düsseldorfer Landeskirchenamt. Nach Informationen von evangelisch.de kandidiert auch in Lemgo eine Pfarrerin: Katharina Kleine Vennekate. Die 58-Jährige ist Pfarrerin für die Evangelische Studierenden Gemeinde an den Hochschulen in Detmold und Lemgo und geht für die Grünen ins politische Rennen. Sie ist verheiratet und hat drei erwachsene Kinder und einen Pflegesohn.

In Bayern, wo im März bereits Kommunalwahlen stattfanden, hatten insgesamt zwölf Pfarrer*innen eine Kandidatur angezeigt, wie die Evangelisch-Lutherische Kirche in Bayern mitteilt. Wie in der westfälischen Kirche werden die Theolog*innen bei einem Sieg in einen Wartestand ohne Bezüge versetzt. Die Regel gelte nur für kommunale Ämter mit Vergütung wie Bürgermeister, erklärte die bayerische Landeskirche.

Eine schwere Entscheidung

Ulrike Schwarze nimmt für die Wahlkampfzeit, der zum Teil in die offiziellen Schulferien fällt, ihren Jahresurlaub und baut Resturlaub ab. Pfarrer der umliegenden Kirchengemeinden werden sie vertreten. Zwischen Ferienende und Wahl im September will sich dann ein Pfarrer im Ruhestand um Gottesdienste und Gemeindeleben in Kirchlengern-Hagedorn kümmern. Sollte Schwarze ins Rathaus einziehen, wird ihre Stelle neu besetzt. "Ich übergebe eine gut aufgestellte Gemeinde", sagt sie selbstbewusst. Es gebe eine Vielzahl von Aktivitäten, Bibelkreise, Frauen-, Senioren-, Kinder- und Jugendgruppen bis hin zu einem Umweltkreis.

Die Entscheidung zur Kandidatur sei ihr schwergefallen, erzählt Pfarrerin Schwarze. Doch sehe sie den wachsenden Rechtspopulismus und Rechtsextremismus in Deutschland mit großer Sorge. Schon länger habe sie deshalb über eine andere Form des Engagements außerhalb der Kirche nachgedacht, um mehr Menschen zu erreichen und Gesellschaft gestalten zu können, erklärt die 55-Jährige. Als zwei Eltern von Kindern ihrer Konfirmandengruppe sie ansprachen, ob sie sich die Kandidatur für die SPD vorstellen könnte, sagte sie zu. Die sozialdemokratische Idee der Solidarität liege für sie persönlich nah an den kirchlichen Idealen, erklärt Schwarze.

Mehr Austausch zwischen Bürgern und Politik

Das Thema Zusammenhalt und Miteinander wird auch ihren Wahlkampf bestimmen. "Obwohl Kirchlengern mit seinen sieben Ortschaften und etwas mehr als 16.000 Einwohnern ein ländlich geprägter, übersichtlicher Raum ist, findet zu wenig Austausch zwischen Bürgern und Politik statt", kritisiert sie. Mit regelmäßige Gesprächsangeboten in den Orten will sie das aufbrechen. "Wo Menschen mit ihren Sorgen Gehör finden und ernsthaft über Lösungen gesprochen wird, haben es Populisten schwer", ist Schwarze überzeugt. Letztlich unterschieden sich ihre Vorstellungen als Pfarrerin und als Politikerin nicht so sehr: "Ich kandidiere als Ich - und das Christsein ist ein wichtiger Teil von mir."