Es soll ein Höhepunkt seines Lebens gewesen sein: 1967 wurde für den evangelischen Pfarrer Hermann Maas ein Johannisbrotbaum in der israelischen Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem gepflanzt. Mit 90 Jahren wurde der Heidelberger vom Staat Israel als "Gerechter unter den Völkern" ausgezeichnet - als jemand, der große persönliche Risiken in Kauf nahm, um Juden während des Nationalsozialismus zu schützen. Anlässlich seines 50. Todesjahres widmet Heidelberg dem als "Judenpfarrer" geschmähten Theologen das "Hermann-Maas-Jahr 2020".
Dafür sind verschiedene Veranstaltungen geplant. Am 9. Februar wird die badische evangelische Oberkirchenrätin Cornelia Weber das Jahr mit einem Festgottesdienst eröffnen. Das komplette Jahr über wird die Ausstellung "Hermann Maas" in der Heidelberger Heiliggeistkirche zu sehen sein. Eine weitere Veranstaltung ist der Vortrag "Hermann Maas - Bericht über das Netzwerk der stillen Helfer" am 25. März. Von Ende September bis Mitte Oktober ist die Ausstellung "Verweigerung und Widerstand - Herrmann Maas und andere Personen zur Nazizeit" zu sehen. Am 20. Oktober findet ein Gedenk-Gottesdienst mit Landesbischof Jochen Cornelius-Bundschuh statt. Zudem gibt es Tanz-Theater, Theater-Gottesdienste und Musik-Veranstaltungen.
Maas hatte sich durch Jugend-Freundschaften mit Juden schon immer mit der jüdischen Kultur verbunden gefühlt. "Er lernte Hebräisch, besuchte nach der nationalsozialistischen Machtübernahme demonstrativ Synagogen und predigte gegen die Judenverfolgung", heißt es bei der "Gedenkstätte deutscher Widerstand" mit Sitz in Berlin. 1938 gründete Maas das sogenannte "Büro Grüber" mit, eine kirchliche Hilfsstelle für "Nichtarier". Als Leiter für Baden erwirkte er für zahlreiche Juden Einreisegenehmigungen und Transporte nach England, Schweden und in die Schweiz, erläutert die Evangelische Kirche in Heidelberg.
1943 wurde der Pfarrer der Heiliggeist-Kirche auf Druck des Regimes in den Ruhestand versetzt. Ein Jahr später deportierte die SA den 67-jährigen kranken Maas zur Zwangsarbeit ins Elsass. Er überlebte dank der baldigen Befreiung durch die Amerikaner und wurde Prälat der badischen Kirche. Nach dem Krieg wurde er als erster nichtjüdischer Deutscher offiziell vom Staat Israel eingeladen. In einem SWR-Interview von 1967 sagte Maas zu seinem Engagement: "Ich wollte auch in schweren Zeiten nur der Wahrheit dienen und nicht etwa schönen Möglichkeiten, mit denen man sich vor Verfolgung schützen konnte." Am 27. September 1970 starb er.
Der Heidelberger City-Kirchen Pfarrer Vincenzo Petracca sagt anlässlich des "Hermann-Maas-Jahres": "Ich bewundere an ihm den Mut, Verfolgten zu helfen und sich auch in schwierigsten Zeiten für ein gutes jüdisch-christliches Zusammenleben einzusetzen", teilte er auf epd-Anfrage mit. Gerade angesichts des erschreckenden Antisemitismus im Land wolle man mit dem Themenjahr nach der Bedeutung Maas' für die heutige Zeit fragen. Ausgerufen wird das Themenjahr vom Dekanat der Evangelischen Kirche in Heidelberg, der Citykirche und der Altstadtgemeinde.