Millionen Bürgerinnen und Bürger in Deutschland ließen das Grundgesetz "Tag für Tag wirksam werden", sagte Scholz in seiner Rede. Vom 20. Juli 1944 und vom deutschen Widerstand bleibe die Erkenntnis, "dass wir gerade nicht vor der Geschichte resignieren" müssten.
Vergangenes könne nicht geändert werden: "Doch in ihrem Werden ist die Geschichte in unserer Hand", unterstrich der Kanzler. Und weiter: "In der Gegenwart - in jeder Gegenwart - kommt es auf den Beitrag jedes und jeder Einzelnen an." Diese Überzeugung - "Auf mich kommt es an" - habe die Mitglieder des Widerstands gegen Hitler, aber auch die Protagonisten etwa der Ereignisse von 1953 oder 1989 verbunden.
Heutzutage müssten Bürgerinnen und Bürger "keine lebensgefährlichen Heldentaten" vollbringen. "Und dennoch muss uns allen klar sein: Unsere Demokratie ist auf unseren unermüdlichen Einsatz angewiesen, auf den Einsatz jeder und jedes einzelnen", mahnte Scholz.
An der Gedenkverstaltung im Berliner Bendlerblock nahmen Spitzenvertreter des Staates wie Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier, Bundestagspräsidentin Bärbel Bas und Bundesratspräsidentin Manuela Schwesig (beide SPD) teil. Sie legten Kränze an der Stelle nieder, an der Claus Schenk Graf von Stauffenberg (1907-1944) und drei seiner Mitverschwörer in der Nacht zum 21. Juli 1944 erschossen worden waren.
Späte Anerkennung
Am 20. Juli 1944 hatte eine Widerstandsgruppe um Stauffenberg und General Friedrich Olbricht (1888-1944) versucht, Hitler im Führerhauptquartier "Wolfsschanze" in Ostpreußen zu töten. Das Attentat misslang.
Der Vorsitzende des Vorstandes der Stiftung 20. Juli 1944, Robert von Steinau-Steinrück, erinnerte bei der Feierstunde daran, dass sich die Bundesrepublik nach 1949 lange schwergetan habe mit den Männern und Frauen des 20. Juli. Witwen hätten keine Renten erhalten, Nachkommen seien als Kinder von Verrätern stigmatisiert worden. Bis diese den richtigen Platz in der Geschichte hätten einnehmen können, sei es ein langer Weg gewesen.
Auch Glaube hat eine Rolle gespielt
Die Erinnerung an den 20. Juli sei "Teil unserer Identität", sagte Bischof Christian Stäblein in seinem "Wort des Bischofs" auf der Hörfunkwelle rbb 88,8. Heute lasse sich daran anknüpfen, "dass es auch in dunkelster Zeit einige wenige gab, die unter Aufgabe ihres Lebens" für den Widerstand gegen Unrecht eingestanden sind, fügte der Bischof der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz (EKBO) hinzu.
Stäblein mahnte, das Andenken an die Ermordeten lebendig zu halten. Dieses Gedenken an die Verschwörer lehre bis heute, "was zu tun ist, wenn Menschenverachtung, Krieg und Vernichtung an die Stelle von Achtung und Freiheit treten". Viele Widerstandskämpfer hätten die Kraft zu ihrem Handeln gerade in ihrem Glauben gefunden, unterstrich Stäblein.