Der Rostocker Seemannsdiakon Folkert Janssen wird pensioniert
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Der Rostocker Seemannsdiakon Folkert Janssen tritt im Februar in den Ruhestand. Am 31. Januar wird er in der Rostocker Nikolaikirche verabschiedet.
Menschliches Gesicht im Hafen
Der Rostocker Seemannsdiakon Folkert J. Janssen geht in Ruhestand
Nach der Wende hat Folkert Janssen die Seemannsmission im Rostocker Überseehafen mit aufgebaut. Heute ist sie Anlaufpunkt für Seeleute aus aller Welt. Über die Jahre hat Janssen "eine Antenne" für seine besondere Gemeinde entwickelt. "Wir geben den Häfen ein menschliches Gesicht", sagt der Diakon, der nun in den Ruhestand geht.
28.01.2020
epd
Nicole Kiesewetter

"Nun muss mal Schluss sein", sagt Folkert Janssen mit Nachdruck. So, als wolle der 62-jährige Rostocker Seemannsdiakon sich selbst davon überzeugen, dass sein "selbstgewählter Ruhestand" die richtige Entscheidung war. Am 31. Januar wird er in der Rostocker Nikolaikirche feierlich verabschiedet. Seine Nachfolgerin wird Stefanie Zernikow (36), seit 2016 Leiterin der Seemannsmission in Kiel.

Viele Jahre war Janssen Seemannsdiakon in Brunsbüttel (Elbe), bevor er nach Rostock kam, um die Seemannsmission im Überseehafen mit aufzubauen. "Ich habe irgendwann festgestellt, dass ich nichts anderes kann als Seemannsdiakon." 1991, kurz nach der deutschen Wiedervereinigung, "da war das Fenster noch offen", sagt Janssen, "da war noch vieles möglich". Dieses Fenster habe er genutzt, gemeinsam mit der Deutschen Seemannsmission, der damaligen Seehafen Rostock AG, der Deutschen Seereederei und der damaligen Mecklenburgischen Landeskirche: Am 4. August 1991 wurde der Seemannsclub "Hollfast" im Überseehafen mit einem Festgottesdienst in der Warnemünder Kirche eröffnet.

Rat und Tat - im Hafen und an Bord

"Hollfast" sei ein plattdeutscher Begriff und bedeute "Halt und Stütze", erklärt Janssen. Menschen von Bord müssten einen Ort haben, wo sie hingehen können. "Unsere Aufgabe ist, den Häfen ein menschliches Gesicht zu geben". Dazu gehöre für ihn und sein Team, bei Heuerproblemen mit Rat und Tat zur Seite zu stehen, für Seeleute Geld nach Hause zu überweisen, günstige Telefonkarten zu besorgen und Einkaufsfahrten in die Stadt inklusive Stadtführung anzubieten. "Wir sind die einzigen im Hafen, bei denen die Seeleute ins WLAN kommen."

Rund 5300 Seeleute besuchen jährlich den Club, dazu kommen für Janssen und seine Mitarbeiter rund 1800 Bordbesuche. Dabei müsse man "eine Antenne" für die Atmosphäre des Zusammenlebens entwickeln und ein Auge auf den Zustand der Unterbringung der Seeleute und der Hygiene an Bord haben.

Zunehmend positiv wirke sich die seit 2013 international geltende Grundrechte-Charta für Seeleute aus. "Ihre Ziele sind ein besserer Arbeitsschutz sowie garantierte Mindeststandards bei den Lebensbedingungen", sagt Janssen. Dazu gehöre auch das Anrecht, Seemannsmissionen besuchen zu dürfen. "Das war vorher nicht immer so." Zudem können Seeleute jetzt medizinische Versorgung in einem Hafen in Anspruch nehmen, und auch die Ruhezeiten sind klarer geregelt.

"Kirche geht auch anders"

Folkert J. Janssen habe nicht nur beim Neuanfang der Rostocker Seemannsmission eine wichtige und wertvolle Aufbauarbeit geleistet, sagte Arno Pöker, Vorsitzender des Vereins Deutsche Seemannsmission Rostock und ehemaliger Oberbürgermeister der Hansestadt. Er habe durch seine engagierte Arbeit maßgeblich dazu beigetragen, dass die Seemannsmission in der Hansestadt erfolgreich arbeitet. "Ihm gebührt Dank und Anerkennung dafür, dass wir heute ein allseits beliebter Anlaufpunkt für Seeleute aus aller Welt und ein anerkannter Partner im Rostocker Hafen geworden sind."

Das weltweite Netz der Deutsche Seemannsmission zur Betreuung von Schiffsbesatzungen umfasst insgesamt 17 Auslands- und 16 Inlandsstationen. Mehr als 700 Frauen und Männer arbeiten weltweit haupt- und ehrenamtlich für die Deutsche Seemannsmission. Die Rostocker Seemannsmission hat heute sechs Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, darunter eine Teilzeitkraft und zwei Minijobber.

Er werde sich auch in seinem Ruhestand für Seefahrer engagieren, allerdings nicht in der Rostocker Seemannsmission, kündigte Janssen an. Vielmehr wolle er die Kampagne "Fair übers Meer" unterstützen, die sich für faire Transporte und Arbeitsbedingungen einsetzt. Seinen Wohnsitz werde er weiterhin in Rostock haben, "weil die Stadt sich an mich gewöhnt hat". Er habe hier seinen Freundeskreis und seine Kirchengemeinde. Nach 28 Jahren gehe er "mit dem guten Gefühl der Zufriedenheit", bilanziert Janssen und freut sich darauf, "dass ich künftig da 'ja' sagen kann, wo ich möchte". Ein wenig stolz sei er vor allem auf eines: "Wir haben in einem entkirchlichten Umfeld eine Akzeptanz dafür erreicht, dass Kirche auch anders geht." Und gelernt habe er in dieser Zeit vor allem ein anderes: "Man braucht nicht viel, um ein Stück Menschlichkeit zu schaffen."