Manchen Menschen macht das Gespann Hoffnung, anderen sträuben sich die Haare: Der US-Präsident und die Fernsehpredigerin, Donald Trump und Paula White. Die 53-Jährige ist häufig auf den Bildschirmen zu sehen als Fürsprecherin des Präsidenten - er tue Amerika Gutes und setze sich für Gläubige ein, da ist sie sich offenbar ganz sicher.
White ist seit beinahe zwei Jahrzehnten Trumps "geistliche Beraterin" und hat seit einigen Wochen auch eine Stelle im Weißen Haus, im "Glaubensbüro", das Trump 2018 eingerichtet hatte. Das ist bemerkenswert, denn unter Trumps evangelikalen Getreuen dominieren Männer, und White lehrt theologisch gesehen am Rande des Mainstream.
Die immer makellos schick hergerichtete, superblonde White, geboren wie Elvis Presley in Tupelo in Mississippi, ist eine dynamische Streiterin. Sie steht fest an der Seite von Trump. White nahm ihn selbst dann in Schutz, als ihm die Trennung von Kindern und Eltern aus Migrantenfamilien vorgeworfen wurde. Anfang Januar stand sie mit dem Präsidenten bei einer Wahlkampfveranstaltung in einer Megakirche, es war kurz nach der Tötung des iranischen Generals Soleimani: Trump verspottete seine Rivalen und White betete.
Trump braucht Gläubige
White äußert sich oft drastisch: Keine Waffen sollten gegen Trump wirksam sein, verkündet White und wünscht, dass jeder "dämonische Altar, der gegen ihn aufgestellt worden ist, niedergerissen wird".
Trump braucht die Gläubigen für seine Wiederwahl. Viele weiße Protestanten, besonders evangelikale, sind anscheinend unerschütterlich in ihrer Treue. Will man Trump und manche seiner evangelikalen Fans verstehen, lohnt sich der Blick auf Whites Glauben: Ihr Jesus steht nicht aufseiten der Armen und Ausgestoßenen, sondern schafft Gewinner. Whites Lehre gilt als "Wohlstandsevangelium": Gott wolle, dass Gläubige Erfolg haben und im Wohlstand leben. Daran erkenne man Gottes Segen.
Anhänger hat diese Form des Glaubens in einigen pfingstkirchlichen Kreisen, prominente TV-Prediger wie Joel Osteen und Benny Hinn sowie der legendäre 2009 verstorbenen Oral Roberts gehören dazu, bei dessen Massenveranstaltungen angeblich zahllose Kranke geheilt wurden.
White verdient offenbar gut mit ihrem Glaubens-Geschäft. Gläubige müssten spenden, wollen sie den Segen auskosten, verkündet White, und zitiert aus der Bibel: "Ehre den Herrn mit dem, was du hast; schenke ihm das Beste deiner Ernte". Auf Whites Webseite können Nutzer einen Link anklicken, um dem Herrn - beziehungsweise der Fernsehpredigerin - Geld zu schicken. Oder für 77 Dollar ein Fläschchen Salbungsöl mit Etikett "Paula" plus "prophetischem" Gebetstuch erwerben. Auf der Webseite erscheinen Posts von Menschen, die nach einer Spende angeblich einen neuen Job bekommen oder ihr Einkommen gesteigert haben.
Für Trump gebetet
Was Trump selber glaubt, weiß man nicht, doch Whites Botschaft passt zu ihm. In Interviews hat er anerkennend über den 1993 gestorbenen Selbsthilfeautor und Pfarrer Norman Vincent Peale gesprochen, der berühmt ist wegen seiner Lehre von der "Kraft des positiven Denkens". Dessen Botschaft: Widrigkeiten werden überwunden, wenn man positiv denkt und positive Resultate visualisiert. Trumps Eltern waren Mitglieder von Peales Gemeinde. Peale hat 1977 Donald Trumps erste Trauung vollzogen.
White ist wie Trump zum dritten Mal verheiratet, diesmal mit dem Rock-Musiker Jonathan Cain. Trump und White haben sich 2001 kennengelernt, erzählt White in ihrem Buch, "Something Greater", erschienen im Herbst 2019. Trump habe angerufen. "Paula, hier spricht Donald Trump. Ich wollte nur anrufen und sagen, Sie sind fantastisch." Eine halbe Stunde hätten sie über "Spiritualität und Gott" gesprochen. Und sie habe verstanden, schreibt Paula White: Gott wolle ihre Arbeit nutzen, um Donald Trump zu segnen. Sie habe daraufhin jeden Tag für Trump gebetet und ihm "Gott gezeigt".
Zu Whites Kritikern innerhalb des protestantischen Amerika zählt der baptistische Theologe Russell Moore. Er schrieb vor ein paar Jahren, White sei eine Scharlatanin und werde von allen rechtgläubigen Christen als Ketzerin angesehen. Und ein Kommentar im evangelikalen Magazin "Christianity Today" befand, White sei narzisstisch. Im Mittelpunkt ihrer Verkündigung stehe nicht Jesus, sondern Paula White.
Doch die Kritik ist leiser geworden, hat die Predigerin doch das Ohr des Präsidenten. Der Wahlkampf läuft. Im Kabelsender Fox News versprach White, sie werde für Trump Wähler mobilisieren.