Der Beauftragtenrat der EKD zum Schutz vor sexualisierter Gewalt
©Lilith Becker
Von links nach rechts: Prälat Martin Dutzmann (kooptiertes Mitglied); Christoph Meyns, Landesbischof der Evangelisch-lutherischen Landeskirche in Braunschweig; Jochen Cornelius-Bundschuh, Landesbischof der Evangelischen Landeskirche in Baden; Maria Loheide, Vorstand Sozialpolitik bei der Diakonie Deutschland (kooptiertes MItglied); Bischöfin Kirsten Fehrs (Sprecherin), Bischöfin im Sprengel Hamburg und Lübeck der Nordkirche; Oberkirchenrätin Dr. Susanne Teichmanis, Leiterin des Evangelisch-Lutherischen Oberkirchenrats in Oldenburg; Oberkirchenrat Nikolaus Blum, Leiter des Landeskirchenamtes der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern.
Erste Ergebnisse und erster Frust
Die EKD stellt erste Schritte zum Schutz vor sexualisierter Gewalt in der evangelischen Kirche vor
Der "Beauftragtenrat der EKD zum Schutz vor sexualisierter Gewalt" hat heute in Hannover sich und seine bisherige Arbeit vorgestellt. Erste Ergebnisse sind zu sehen – und erster Frust.

Auf der EKD-Synode im November 2018 hat Bischöfin Kirsten Fehrs über Nacht einen 11-Punkte-Handlungsplan auf der Synode vorgelegt. Ihre Rede hatte ihr langanhaltenden Applaus der Synodalen beschert. Nun, im Juni 2019, hat sich der "Beauftragtenrat der EKD zum Schutz vor sexualisierter Gewalt" das erste Mal der Öffentlichkeit vorgestellt. Während eines Fachtages "Zum Schutz vor sexualisierter Gewalt" in Hannover berichteten die Sprecherin des Beauftragtenrates Kirsten Fehrs und ein weiteres Mitglied des Rates, Nikolaus Blum, Leiter des Landeskirchenamts in München, von den ersten Schritten ihres Gremiums.

Ein erstes greifbares Ergebnis hielt Kirsten Fehrs als Flyer in ihrer Hand: Ab 1. Juli 2019 nimmt eine zentrale Anlaufstelle für Betroffene von sexualisierter Gewalt ihre Arbeit auf. Der Verein Pfiffigunde in Heilbronn hat einen Vertrag mit der EKD geschlossen, dass er als unabhängige Anlaufstelle für die EKD Betroffenen zuhört, sie berät, ihnen beim Beantragen von Unterstützungsleistungen behilflich ist und sie auf Wunsch auch begleitet, wenn ein Kontakt zur Landeskirche gesucht wird. Der Verein übernimmt damit eine Lotsenfunktion für Betroffene von sexualisierter Gewalt in der evangelischen Kirche.

Ein greifbares Ziel stand in Person eines Vertreters des Universitäts-Klinikums Hamburg-Eppendorf auf dem Podium: Ingo Schäfer von der Arbeitsgruppe Trauma- und Stressforschung hat den Auftrag der EKD, die öffentliche Ausschreibung für die zwei Studien umzusetzen, die laut "11-Punkte-Handlungsplan" vorgesehen sind. Dafür sei zunächst herauszufinden, welche Vorfälle es in Kirche und Diakonie gibt und dann, was die evangelische Kirche daraus lernen kann.

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Der Leiter des Kirchenamts der ELKB, Nikolaus Blum, bat um Geduld: "Anhaltspunkt für die Dauer und das Ausmaß unserer Anstrengungen ist unsere föderal verfasste Kirche. Jede Landeskirche hat ihre eigenen Strukturen und Traditionen. Die Diakonie soll mit ihren Einrichtungen ebenfalls einbezogen werden."

Das Eile an sich nicht das Gebot der Stunde sein kann, bekräftigte auch Kerstin Claus. Als Mitglied des Betroffenenrates des UBSKM ist sie in den bisherigen Prozess der EKD und ihrer Landeskirchen seit dem Beschluss der Synode im November 2018 eingebunden. Sie gehört auch zu den fünf Betroffenen, die bisher sporadisch zu verschiedenen Themen befragt wurden. Punkt 1 des 11-Punkte-Handlungsplans sieht eine Beteiligung Betroffener vor.

Bisher ist die Art dieser Beteiligung unklar. Kerstin Claus kritisiert das. So seien Betroffene bisher "konstruktiv aber unstrukturiert" eingebunden gewesen. Das Ergebnis sei eine bisher sehr unklare Aufgabenbeschreibung für die Betroffenen, deren Expertise bislang als "Think Tank" bezeichnet wird. Diese Unklarheit führe zu erstem Frust, da sie manchmal nur ad hoc miteinbezogen würden - oder gar nicht. Als es beispielsweise um den Wunsch gegangen sei, an dem Flyer mitzuarbeiten, der für die zentrale Anlaufstelle ".Help" von Pfiffigunde wirbt, habe es keine Reaktion gegeben. Sie sehe den Flyer heute leider zum ersten Mal, bemängelt Kerstin Claus.

Zudem hofft Kerstin Claus darauf, dass es ein Netzwerk evangelischer Betroffener geben wird, das für seine Bemühungen im Aufarbeitungsprozess auch eine Aufwandsentschädigung bekommt, sodass sich die jeweiligen Personen Anfahrt und Aufenthalt bei EKD-Veranstaltungen auch leisten können. Um weiteren Frust zu vermeiden, wünschten sich die Betroffenen möglichst umfassend und transparent über alle Schritte der Aufarbeitung innerhalb der Landeskirchen und der EKD informiert zu werden.

Kirsten Fehrs sagte, dass auch sie sich ein solches Netzwerk Betroffener vorstellen könne. Die Zusammensetzung des Netzwerks liege in den Händen der Betroffenen selbst.

Nächster Schritt: Die "Unabhängigen Kommissionen"

Ein weiterer Punkt des Handlungsplans ist, dass jede der 20 Landeskirchen für Betroffene "Unabhängige Kommissionen" haben soll, die für materielle und immaterielle Anerkennungen des Leids sorgen sollen. 14 von 20 Landeskirchen sind bereits einer der zehn Unabhängigen Kommissionen zugeordnet, die es auf der Ebene der Landeskirchen gibt.

Noch diesen Juni soll die Kirchenkonferenz über ein gemeinsames Konzept für diese Kommissionen beraten, das ab September umgesetzt werden soll. Bisher werden diese "Unabhängigen Kommissionen" von manchen Betroffenen jedoch als zu wenig "unabhängig" bezeichnet, da sie teilweise aus ehemaligen Theologinnen und Theologen sowie aus ehemaligen Mitarbeitenden von Landeskirchen bestehen. Zudem arbeiten diese Kommissionen so genannte "Altfälle" auf, die kein strafrechtliches Verfahren mehr erwarten können. Welches Konzept erarbeitet und im September umgesetzt wird, ist bisher noch offen.