Es gehört zum Gottesdienst wie das Amen in der Kirche: Zum Ende hin kreist der Klingelbeutel, die Gemeinde sammelt für "Brot für die Welt", die Flüchtlingshilfe oder die eigene Jugendarbeit. Nach dem Gottesdienst zählen die Kirchenvorsteher sorgfältig, jede noch so kleine Münze fließt in die Summe ein, Scheine sind eher selten. Und dann soll das Geld eingezahlt werden, möglichst schnell, damit es den Hilfsbedürftigen zugutekommt und nicht im Gemeindebüro herumliegt.
Doch da gibt es zunehmend Schwierigkeiten. Immer mehr Banken und Sparkassen verlangen Entgelt dafür, dass sie Münzen annehmen. Das trifft neben Kioskbesitzerinnen, Taxiunternehmern und Vereinen auch die Kirchengemeinden. "Das ist ein ganz großes Problem, das hören wir von vielen Kirchenkreisen", sagt zum Beispiel der stellvertretende Pressesprecher der hannoverschen Landeskirche, Benjamin Simon-Hinkelmann. Und betont: Die Entgelte würden nicht aus den Spenden bezahlt, das müsse die Gemeinde aus ihrem Haushalt nehmen. Eine Kirchengemeinde in Wittenberg soll im vergangenen Jahr 1.800 Euro Gebühren für die Einzahlung von Kleingeld bezahlt haben, schildert die Zeitung "Glaube+Heimat" einen extremen Fall.
Drei Szenarien möglich
Die Lage ist nicht einheitlich, jedes Geldinstitut legt eigene Regeln fest. Das bestätigen auch die Sprecher der drei großen Bankenverbände in Deutschland. "Wir dürfen und können da keine Vorgaben machen", sagt Alexander von Schmettow vom Deutschen Sparkassen- und Giroverband. Hintergrund der Entgelte sei die "Bargeldprüfungsverordnung der Europäischen Union" von 2015. Seitdem müssen die Banken aufwendig prüfen, ob Hartgeld echt und unbeschädigt ist. Dazu seien spezielle Maschinen nötig, die "mehrere hunderttausend Euro kosten".
Nach Beobachtung von Markus Feck, Finanzjurist bei der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen, gibt es drei Szenarien: Die Bank verlangt kein Entgelt für die Einzahlung von Münzen; eine Bank nimmt nur noch in bestimmten Filialen Münzgeld an wie zum Beispiel die Sparda-Bank Hannover; eine Bank verlangt grundsätzlich ein Entgelt, lässt sich aber vielleicht auf eine Ausnahme für Kirchengemeinden oder Vereine ein.
Deshalb macht es nach Ansicht von Heinz Thomas Striegler, Finanzdezernent der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau (EKHN), auch keinen Sinn, sich über die Bundesverbände um eine einheitliche Lösung zu bemühen. In diesem Sinne habe auch der Finanzbeirat der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) diskutiert. Besser sei, es regional mit der eigenen Bank vor Ort zu verhandeln. Die hannoversche Landeskirche führe Gespräche mit den Banken, "doch es geht nicht voran", sagt Sprecher Simon-Hinkelmann. Andere Gemeinden berichten von Ausnahmen, die für karitative Organisationen gemacht werden.
Die Münzen im Klingelbeutel gehören zwar irgendwie dazu, dennoch denkt manch einer über andere Möglichkeiten der Spende nach. Striegler schlägt Kollektenbons vor, die in einzelnen Gemeinden seiner Landeskirche schon eingesetzt werden: Gottesdienstbesucher kaufen zum Beispiel einen Bogen für 30 Euro mit mehreren Bons in Stückelungen und entscheiden dann je nach Kollektenzweck, wie viele Bons sie in den Beutel oder das Körbchen werfen wollen. Das verringere nicht nur das Münzgeld, sondern biete auch die Möglichkeit einer Spendenquittung, sagt Striegler.
Auch andere haben bereits Angebote. 2006 war die katholische Münster-Gemeinde in Bonn die erste, die einen elektronischen Opferstock für EC- und Kreditkarten aufstellte. Zuletzt kündigte im Juli 2017 das Bistum Münster bargeldlose Spenden an, und in der Morizkirche in Coburg können Besucher per Karte für die Erweiterung der Orgel spenden. In Schweden, wo generell wenig Bargeld im Umlauf ist, stehen schon einige "Kollektomaten" in Kirchen.