Ein Interview des Pressesprechers der Sparda-Bank Hannover mit dem Evangelischen Pressedienst (epd) hatte nicht nur in Hannover für Aufregung gesorgt: Die hannoversche Landeskirche sah das kirchliche Kollektensystem bedroht. Zuvor hatte die Sparda-Bank Hannover erklärt, in den meisten ihrer Filialen wegen der neuen "Bargeldprüfungsverordnung der Europäischen Union" kein Münzgeld mehr anzunehmen.
Doch kein Grund zur Sorge. In den meisten Banken in Deutschland ist die Einzahlung von Münzgeld weiterhin möglich. "Selbstverständlich können Commerzbank-Kunden ihr Bargeld bei uns einzahlen," sagt eine Sprecherin der Commerzbank. Und auch ein Sprecher der Deutschen Bank versichert: "Münzgeld wird in den Filialen grundsätzlich in jeder Form am Schalter angenommen, bei größeren Mengen jedoch in gerollter Form oder lose in Safebags zur Gutschrift nach Auszählung."
"Situation wird immer ärgerlicher"
Pfarrer Olliver Zobel aus Bingen ist trotzdem sehr verärgert, wenn er an die Gebühren denkt, die seine Gemeinde schon für Bargeldeinzahlungen zahlen musste. Als er in seine Gemeinde kam, so erzählt Zobel, habe es für die Kollektenkasse ein kostenloses Sparbuch gegeben. Seitdem seien die Gebühren nur noch gestiegen. Die örtliche Bankfiliale könne der Gemeinde bei den Gebühren für Kontoführung und Bargeldeinzahlung nicht entgegenkommen, heißt es. Ein Bankwechsel komme für seine Gemeinde jedoch nicht in Frage, sagt Zobel, denn auch alle anderen Banken im Umkreis erheben Gebühren für Kontoführung und Bargeldeinzahlung.
Für die Gemeinde bedeutet das, die Nutzung von Bargeld in vielen Bereichen des Gemeindelebens zu hinterfragen. Das gilt nicht nur für die Kollekte, sondern auch für Konzerte und außerordentliche Spendengelder. Im nächsten Gemeindebrief werde jetzt gesondert dazu aufgerufen, sogenannte "Kollektenbons" zu kaufen - nicht nur für die Ausstellung von Spendenquittungen, sondern auch zur finanziellen Entlastung der Gemeinde. Die Kirchengemeinde muss schließlich die Gebühren zur Bargeldeinzahlung als Aufschlag auf die Kollekte selbst zahlen, da diese nach der Kollektenverwaltungsordnung der EKHN zur Verwaltung der Kollektenkasse gehören.
Individuell nach Lösungen suchen
"Als Bankkunde sollte man, wenn die Absicht zur Einzahlung größerer Bargeldmengen besteht, vorab die Bank fragen, in welcher Filiale das möglich ist," empfiehlt ein Sprecher des Bundesverbands der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken. Für die Kollekteneinzahlung sei es deshalb sinnvoll, vorher mit Verantwortlichen der betreffenden Filiale zu sprechen und gegebenenfalls Sonderkonditionen für die Kirchengemeinde auszuhandeln. In einigen Gemeinden sei das sogar schon geschehen.
Weil seine Bank vor Ort sich nicht auf Verhandlungen mit seiner Kirchengemeinde einlässt, hofft Pfarrer Olliver Zobel auf eine Lösung für seine gesamte Landeskirche. Wenigstens ein kostenloses Konto pro Gemeinde und zehn kostenfreie Bareinzahlungen pro Monat würde er sich aus diesen Verhandlungen wünschen.
"Unmittelbar" muss nicht "sofort" heißen
Laut Heinz Thomas Striegler, Leiter der Kirchenverwaltung der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau (EKHN), werde das Thema der Bargeldprüfungsverordnung und die Konsequenzen für die Kollekte zur Zeit bearbeitet. Seit Sommer 2016 werde die Problematik immer wieder von Kirchengemeinden an die Kirchenverwaltung der EKHN herangetragen. Auch die Gesamtkirchenkasse sei davon betroffen. Die Verordnung habe auch Auswirkungen auf andere Landeskirchen. Deshalb stehe die Bargeldprüfungsverordnung und ihre Auswirkungen auf die Kollekte auch im Finanzbeirat der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) auf der Tagesordnung.
Striegler allerdings "vermutet eher nicht", dass eine überregionale Lösung über die Verbände zu erreichen ist, da die Banken nicht der direkte Auslöser für die neue Verordnung und die daraus entstehenden Gebühren sind. "Einvernehmliche regionale Lösungen werden zielführender sein", sagt Striegler und wirbt auch dafür, im Zweifelsfall mehrere Kollekten zu sammeln und zusammen einzuzahlen, um Gebühren zu sparen. Zwar seien laut Kollektenverwaltungsordnung der EKHN freigestellte Kollekten "unmittelbar" an den Empfänger abzuführen, aber um Einzahlungen zusammenzufassen, könne dies auch als "Ein-Monats-Frist" ausgelegt werden, erklärt Lutz Kanert, Kirchenrat im Stabsbereich Recht der Kirchenverwaltung der EKHN.
Nach der "Bargeldprüfungsverordnung der Europäischen Union" müssen Banken seit Anfang 2015 prüfen, ob Hartgeld echt und unbeschädigt ist. Und das sei teuer - vor allem deshalb, weil Bargeldhandling und Bargeldlogistik überhaupt immer teurer werde, erklärte ein Sprecher des Bundesverbands der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken (BVR). Die Bargeldprüfungsverordnung wirke zusätzlich kostentreibend. Münzgeldeinzahlung sei nach Angaben des BVR deshalb ein Service, der die Banken Geld kostet.
Die zusätzlichen Kosten, die den Banken durch die Bargeldprüfungsverordnung der Europäischen Union entstehen, lagern einige Banken auf ihre Kunden um. Die Einzahlung von Münzen werde dadurch bei einigen Banken kostenpflichtig. Ein Sprecher des Deutschen Sparkassen- und Giroverbandes e.V. erklärte, dass es in den 396 deutschen Sparkassen keine einheitliche Vorgehensweise gebe. Gleiches gilt für die Volksbanken und Raiffeisenbanken sowie die Sparda-Banken. Oft sei die Münzgeldeinzahlung für Privatkunden kostenfrei oder kostengünstig, bei Geschäfts- und Firmenkunden gebe es unterschiedliche Konditionen. Die Münzeinzahlung auf das eigene Konto sei für Kunden der Deutschen Bank grundsätzlich kostenfrei, sagte ein Sprecher der Deutschen Bank. In den Filialen der Deutschen Postbank AG ist die Münzeinzahlung in handelsüblichen Mengen für Privatkunden entgeltfrei. Gewerbliche Kunden könnten fünfmal pro Kalendermonat kostenfrei Bargeld am Schalter oder am Geldautomaten einzahlen, sagte eine Sprecherin der Deutschen Postbank AG.