Zwischen November 2015 und August 2016 hat das Sozialwissenschaftliche Institut der EKD in vier Befragungswellen jeweils 2000 beziehungsweise 1000 Deutsche ab 14 Jahren befragt. Die größte Zustimmung erreichte im August 2016 mit 85 Prozent die Aussage, Deutschland stehe mit der Aufnahme von Flüchtlingen "Menschen in existenzieller Not zur Seite". Die stellvertretende Ratsvorsitzende der EKD, Präses Annette Kurschus, unterstrich angesichts dieser Ergebnisse: "Hilfe, Mitgefühl und zuversichtliches Anpacken aus tiefer Überzeugung sind aktuelle Realität. Als Kirchen sind wir dankbar für die vielen Millionen Ehrenamtlichen, die sich weiterhin und in wachsender Zahl für Menschen in Not engagieren."
Der Leiter des Sozialwissenschaftlichen Instituts, Gerhard Wegner, hob hervor, dass das Meinungsbild im gesamten Untersuchungszeitraum der repräsentativen Studie stabil geblieben sei: "Die große Mehrheit der Deutschen bringt eine klare ethische Grundorientierung in den Diskurs um Flüchtlinge und Integration ein." Die Angst vor Anschlägen habe daran nichts geändert, betonte Wegner. "Die mediale und politische Debattenlage der letzten Monate steht damit in einem Spannungsfeld zum Meinungsbild der Deutschen."
Mehr positive als negative Erfahrungen
Zu der Frage, ob Deutschland die Herausforderungen durch die Aufnahme von Flüchtlingen bewältigen könne, mochten 31 Prozent der Befragten allerdings keine eindeutigen Antwort geben. Jeweils gut 34 Prozent beantworteten die Frage mit "Ja" oder "eher Ja" beziehungsweise mit "Nein" oder "eher nicht". Die regionale Analyse zeige, "dass der Osten Deutschlands in der Flüchtlingsdebatte deutlich kritischer bleibt als die westlichen Bundesländer", sagte Gerhard Wegner. Im Osten hatten über alle vier Wellen der Untersuchung hinweg mehr zwischen 17 und 19 Prozent der Befragten gesagt, Deutschland werde den Zustrom "ganz sicher nicht" bewältigen, wobei Sachsen mit überwiegend zuversichtlicher Stimmung heraussticht. Im Westen ist der "ganz-sicher nicht"-Wert von November bis August hingegen von 15,6 auf 11,6 Prozent gesunken. In Bayern sind die Menschen skeptischer als in den anderen westlichen Bundesländern, in Niedersachsen sind sie dagegen besonders zuversichtlich.
Sorge, dass die Zahl der extremistischen Muslime in Deutschland steigt, haben nahezu unverändert um die 70 Prozent der Befragten. Die Hälfte der Bevölkerung hat Angst vor islamistischen Terroranschlägen in Deutschland, ein Drittel fürchtet selbst Opfer zu werden. Dabei seien diejenigen, die Angst vor Anschlägen hätten, auch eher skeptisch, ob das Land die Herausforderungen bewältigen könne, heißt es weiter. Deshalb sei "nicht auszuschließen, dass die Zuversicht im August 2016 sogar weiter angestiegen wäre, wenn es die Terroranschläge im Juli dieses Jahres nicht gegeben hätte", schreiben die Verfasser der Studie.
Dass durch den Zuzug die Kriminalität in Deutschland steigen werde, hatten im November 2015 rund 61 Prozent der Befragten befürchtet, im August 2016 äußerten dies 62,4 Prozent. Die Sorge, dass Behörden und Polizei die Situation nicht bewältigen könnten, wurde im November 2015 von 63,9 Prozent der Befragten geteilt. Im Februar, nach den sexuellen Übergriffen in der Silvesternacht in Köln, war dieser Wert nur auf 65,3 Prozent gestiegen und liegt mittlerweile bei 59,1 Prozent.
Die Umfragen belegen auch, dass im Lauf der Zeit immer mehr Bürger persönliche Erfahrungen im Kontakt zu Flüchtlingen gemacht haben. Im westlichen Bundesgebiet waren es im August 67 Prozent, im östlichen 60 Prozent. Dabei übersteigt der Anteil der positiven Erfahrungen mit 37,2 Prozent die negativen mit 9,4 Prozent um ein Mehrfaches.
Beim zivilgesellschaftlichen Engagement ergab die Untersuchung, dass sich mehr als 80 Prozent der Befragten vorstellen könnten, Sachspenden für Flüchtlinge zu leisten. 46 Prozent der Befragten haben dies mittlerweile schon getan. Etwa die Hälfe der Befragten kann sich auch vorstellen, Geld zu spenden oder Flüchtlinge beim Spracherwerb oder Behördengängen zu unterstützen. Flüchtlinge bei sich zu Hause aufzunehmen, konnten bisher und können sich auch weiterhin etwa 85 Prozent hingegen nicht vorstellen.