Eine "flüchtlingsbereite" Kirche will die Evangelische Landeskirche in Württemberg sein, so hat es ihr Bischof Frank Otfried July immer wieder angemahnt. Doch wie geht das praktisch? Darüber haben sich die Mitglieder der Württembergischen Arbeitsgemeinschaft für Weltmission (WAW) Gedanken gemacht und ein mehr als 200 Seiten starkes Buch ("Ich ein Fremder gewesen. Mission zwischen Fluchtursachenbekämpfung und Willkommenskultur") für den Gemeindealltag herausgebracht. Ziel ist es, durch Grundsatzartikel, biblische Impulse, beispielhafte Geschichten von Flüchtlingen und Verhaltenstipps zu mehr Begegnungen mit Migranten zu motivieren. Auch das Engagement zur Bekämpfung von Fluchtursachen soll verstärkt werden.
Gisela Schneider, WAW-Vorsitzende und Direktorin des Deutschen Instituts für Ärztliche Mission (Difäm) in Tübingen, zeichnet ein düsteres Bild von der globalen Situation. "Alle drei Sekunden flieht ein Mensch", schreibt sie und erinnert daran, dass sieben von acht Geflüchteten nicht nach Europa kommen, sondern innerhalb ihres Landes oder in Nachbarregionen verweilen. Wer es bis aufs Mittelmeer geschafft hat, muss immer noch um sein Leben fürchten: In den vergangenen Jahren sind dort rund 40.000 ertrunken.
Für die zunehmende Fluchtbewegung gibt es sehr unterschiedliche Gründe, das arbeiten mehrere Autoren heraus. Eine korrupte und menschenfeindliche Politik in vielen Heimatstaaten, aber eben auch Umstände, an denen die westlichen Länder nicht unschuldig sind, darunter unfaire Handelsbedingungen für afrikanische Staaten und die Folgen des Klimawandels. Die biblischen Impulse in dem Buch machen deutlich, dass eine Unterstützung für Migranten insbesondere für Christen geboten ist.
Insgesamt 36 Fallbeispiele beleuchten, was Missionswerke in Ländern des Südens tun, um das Leben der Menschen zu verbessern. Ob Wasserversorgung, Bildung für Frauen oder Ökoprojekte - die Beispiele belegen eindrücklich, dass das Bild vom bibelschwingenden Missionar, dem die Lebensumstände seiner Zuhörer egal sind, nicht passt und vielleicht nie gepasst hat. Vielmehr stehen die christlichen Botschafter heute offenbar an vorderster Front im Kampf gegen Fluchtursachen.
Kulturelle Tipps und praktische Anregungen
Das Buch endet mit kulturellen Tipps, wenn man zum ersten Mal Zeit mit Menschen aus zum Beispiel orientalischen Ländern verbringt. Seinen Hund sollte man zu Hause lassen, er gilt in vielen Kulturen als unrein. Seinem Gegenüber sollte man nie direkt widersprechen, sondern indirekt, das sei eine Frage des Ehrverständnisses. Körperliche Berührungen - auch Händeschütteln - mit Personen des anderen Geschlechts gelten bei einigen als tabu, auch hier ist den Autoren zufolge Zurückhaltung angebracht.
Praktische Anregungen, wo Flüchtlinge Hilfe brauchen können, runden das Buch ab. Vom Behörden- bis zum Arztbesuch, vom Deutschkurs bis zur Unterstützung bei der Wohnungs- und Arbeitsplatzsuche - in vielen Alltagssituationen sind Migranten dankbar für begleitende Menschen. Mit einem Fragenkatalog geben die Herausgeber zudem Hinweise, wie die Themen des Buchs in Kirchengemeinden besprochen und vertieft werden können.