Herr Völkers, wie kann ich mir einen Heiligabend-Gottesdienst im Oldenburger Tattoo-Studio "La Donna" vorstellen?
Björn Völkers: Wir räumen das Studio leer und stellen Stühle auf. Das wird eng und kuschelig. Vergangenes Jahr bei der Premiere war es jedenfalls proppenvoll. Die Leute wünschen sich dann aber auch das klassische Programm. Mit allem drum und dran: Predigt, Lesung, die Weihnachtsgeschichte nach Lukas, Lieder. Am Ende singen wir "O du fröhliche". Und danach gehen wir ins benachbarte Pflegeheim der Arbeiterwohlfahrt, singen dort und übergeben Präsentkorbe. Wir wollen einfach die Freude weitergeben, die wir hier im Tattoo-Studio bei Michaela erleben.
Wie kam es zu diesem Gottesdienst?
Völkers: Ich war hier als Kunde, um mir von Studio-Inhaberin Michaela Otholt ein Tattoo stechen zu lassen. Dann habe ich sie zu einem Gottesdienst unter dem Motto "Gott ist tätowiert" eingeladen. Als dann ein Paar zusammen mit einem Geistlichen im Studio seine Ehe bekräftigen wollte, kamen uns bald weitere Ideen. Hier im Tattoo-Studio kommt monatlich ein Gesprächskreis über Lebensfragen zusammen, der sich jeweils nach Geschäftsschluss trifft und bei dem die Themen regelmäßig unter die Haut gehen. Und eben die Idee mit dem Heiligabend-Gottesdienst.
Warum gerade hier?
Völkers: Das hier ist ein Ort, wo keiner ein Fremder ist, egal ob Dragqueen, Bankkaufmann oder Prostituierte. Keiner wird aufgrund seines Aussehens und seiner Einstellung blöd angeschaut und in eine Schublade gesteckt. Deshalb treffen sich hier auch Leute, die woanders nicht unbedingt in ein Gemeindebiotop passen: Sinnsucher, Transvestiten, Spirituelle, Gescheiterte, Experimentierende. Und alles beginnt mit der Sehnsucht, Antworten auf die eigenen Lebensfragen zu bekommen, die jeder mitbringen kann.
Mit ist wichtig, dort hin zugehen, wo die Menschen sind und nicht zu warten, bis sie ins Gemeindehaus kommen. Hier ist Raum, um gemeinsam zu lachen, zu weinen, zu feiern und auch manchmal zu trauern. So gesehen ist La Donna ein Ort, der bestens zu den Fresh Inspirations passt, zu den neuen Ideen einer gemeinsamen Missionsarbeit von evangelischer und katholischer Kirche. Hier wird nichts übergestülpt, alles entwickelt sich aus dem, was die Gäste mitbringen. Der biblische Impuls im Gesprächskreis ist eine Sechs-Sekunden-Andacht. Sozusagen ein Mikroimpuls Glauben. Das reicht, damit Menschen Heilungen erfahren und sich verändern.