Heinrich Bedford-Strohm
Foto: epd-bild/Norbert Neetz
Heinrich Bedford-Strohm
Bedford-Strohm: Kirche zeigt mit Taten, was sie verkündigt
Die Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) hat den bayerischen Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm an der Spitze des EKD-Rates bestätigt. Der alte und neue Ratsvorsitzende sprach mit dem Evangelischen Pressedienst (epd) über das kirchliche Engagement in der Flüchtlingspolitik, die Vorbereitungen zum 500. Reformationsjubiläum im Jahr 2017 und den Streit um die Mission von Juden.

Die EKD-Synode hat Sie mit 124 von 125 Stimmen im Amt des Ratsvorsitzenden bestätigt - hat Sie das überrascht?

Heinrich Bedford-Strohm: Mit einem solchen Ergebnis habe ich nicht gerechnet. Es ist ein großer Rückenwind für mich.

Das Thema Flüchtlinge war der klare Schwerpunkt Ihres Berichts für die Synode. Was macht die Kirche schon?

Bedford-Strohm:
Die Kirche ist vor allem sehr aktiv über die vielen, vielen Menschen, die sich in den Gemeinden ehrenamtlich in der Begleitung von Flüchtlingen engagieren. Die Landeskirchen haben schon hohe Beträge zusätzlicher Gelder zugesagt, um die Voraussetzungen zu schaffen, dieses Engagement zu unterstützen - etwa durch hauptamtliche Koordination von Ehrenamtlichen. Die Kirche zeigt jetzt mit ihren Taten, was sie verkündigt.

Hat die EKD zurzeit noch finanzielle Reserven, um auf die aktuellen Herausforderungen zu reagieren und Projekte zur Flüchtlingsintegration anzuschieben?

Bedford-Strohm:
Das ist eine Frage von Prioritäten, und um diese Prioritäten müssen wir immer wieder neu streiten. Ich nehme beim Thema Flüchtlinge eine große Offenheit wahr, jetzt auch Geld in die Hand zu nehmen, weil es schlicht und einfach um menschliche Not geht. Wir müssen als Kirche zeigen: Wir reden nicht nur, wir handeln auch.
"Viele wollen dabei sein, etwa bei der Weltausstellung der Reformation. Da ist viel Neugierde auf Beteiligung entstanden."

Von der EKD-Synode ging das Signal an die Politik, den Parteienstreit zurückzustellen und die drängenden Probleme anzupacken. Findet die Kirche Gehör?

Bedford-Strohm:
Ich wünsche mir, dass bei allen Entscheidungen, die zu treffen sind, zwei Dinge zusammenkommen: Es muss ganz klar sein, wie kostbar die Herrschaft des Rechts ist, dass sich Menschen, die herkommen, registrieren lassen und der Staat weiß, wo sie sind. Gleichzeitig sollte die Empathie im Mittelpunkt stehen: Wir müssen uns immer im Klaren darüber sein, dass diese Menschen aus Notsituationen kommen. Sie sind deswegen geflohen, weil zu Hause ihr Leben in Gefahr ist.

Wie erleben Sie zurzeit die Berliner Politik?

Bedford-Strohm:
Ich erlebe viel Unklarheit. Es gibt häufig Anlass nachzufragen. Vieles von dem, das in der Bundespolitik hin und her geht, erscheint auf den ersten Blick nicht plausibel und in seinen Konsequenzen nicht wirklich durchdacht.



Inhaltliches Hauptthema der EKD-Synode war das Reformationsjubiläums 2017. Wie stehen die Vorbereitungen?

Bedford-Strohm:
Die Vorbereitungen laufen nach Plan. Wir spüren eine Aufbruchstimmung. Viele wollen dabei sein, etwa bei der Weltausstellung der Reformation. Da ist viel Neugierde auf Beteiligung entstanden. Wir erleben auch, wie viel dezentral vorbereitet wird. Ich glaube, 2017 wird ein starkes Jahr.
"Man kann nicht sagen: Nur durch Jesus Christus können Menschen, die nach dem jüdischen Glauben leben, zu Gott kommen."

Der Vorsitzende des Zentralrats der Juden in Deutschland, Josef Schuster, bittet die evangelische Kirche bis 2017 um ein Signal, die Judenmission einzustellen - eine alte Forderung. Warum ist das bisher nicht geschehen?

Bedford-Strohm:
Es gibt in mehreren Landeskirchen Beschlüsse, dass die Judenmission ausgeschlossen ist, weil wir die bleibende Erwähnung des biblischen Gottesvolkes festhalten. Die EKD muss aber respektieren, dass die Diskussionsgänge nicht in allen Landeskirchen gleich sind.

Wie ist Ihre eigene Position in dieser Frage?

Bedford-Strohm:
Auch meine Meinung ist, dass sich die Judenmission erübrigt. Wir sind über die Schriften im Römerbrief des Paulus und an anderen Stellen der Bibel zu dem Ergebnis gekommen, dass Jesus Christus nicht die Auflösung des Bundes Gottes mit seinem biblischen Volk bedeutet. Daher kann man nicht sagen: Nur durch Jesus Christus können Menschen, die nach dem jüdischen Glauben leben, zu Gott kommen.



Angewachsen ist die Wirtschaftskompetenz im Rat der EKD - mit dem Pharma-Manager Andreas Barner und der ehemaligen Bankdirektorin Marlehn Thieme. Ist das ein Signal für die mittelfristig abzusehenden Umbauprozesse in den Kirchen, wenn die Steuereinnahmen nicht mehr so stark sprudeln?

Bedford-Strohm:
Natürlich freuen wir uns über die Wirtschaftskompetenz. Ich erhoffe mir davon Kommunikation mit Unternehmen in Fragen der Wirtschaftsethik. Die beiden Ratsmitglieder sind aber als Personen nicht nur auf ein Thema zu verengen. Marlehn Thieme ist Vorsitzende des Nachhaltigkeitsrates der Bundesregierung, sie steht für die Vorbereitungen des Reformationsjubiläums und hat ein vielfältiges Profil. Und Andreas Barner ist vielen Menschen bekannt geworden als Präsident des Deutschen Evangelischen Kirchentages.