Zu Beginn lief alles rund, dann kamen immer wieder Hänger. Im ersten Wahlgang erreichten der amtierende Ratsvorsitzende und bayerische Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm, die westfälische Präses Annette Kurschus und die hannoversche Kirchenamtspräsidentin Stephanie Springer die erforderliche Zweidrittelmehrheit. Damit sind deutliche Hinweise auf den möglichen Vorsitz und die Stellvertretung gegeben - über die beiden Leitungsposten wird morgen (11. November) entschieden. Im zweiten Wahlgang kam nur die Bischöfin des Sprengels Hamburg und Lübeck, Kirsten Fehrs, auf die nötige Stimmenzahl und war damit in den Rat gewählt.
Der dritte Wahlgang lief wieder dynamischer ab, gleich vier Kandidaten erreichten die Zweidrittelmehrheit: der Pharma-Manager Andreas Barner, die SPD-Bundestagsabgeordnete Kerstin Griese, der hessen-nassauische Kirchenpräsident Volker Jung und der Parlamentarische Staatssekretär im Bildungsministerium Thomas Rachel (CDU). Im vierten Wahlgang kam der Jurist Jacob Joussen dazu, im fünften der Berliner Bischof Markus Dröge. Erst im sechsten Wahlgang - und damit weniger glatt als von vielen erwartet - schaffte es der Präses des pietistisch geprägten Gnadauer Gemeinschaftsverbandes und Vorsitzende der Deutschen Evangelischen Allianz Michael Diener in den Rat der EKD. Im siebten Wahlgang wurde die Theologieprofessorin Elisabeth Gräb-Schmidt gewählt. Der achte Wahlgang endete ohne Ergebnis - keiner der verbliebenen Kandidaten erreichte die erforderliche Zweidrittelmehrheit, auch nicht der jüngste Kandidat Ingo Dachwitz (28). Im neunten Wahlgang wurde dann die ehemalige Direktorin der Deutschen Bank AG Marlehn Thieme gewählt, im elften der Vorstandsvorsitzende des Diakonischen Werkes Württemberg, Dieter Kaufmann. (Alle Wahlergebnisse mit Stimmenverteilung sind hier aufgeführt.)
Dem neuen Rat der EKD werden damit alle fünf kirchenleitenden Theologinnen und Theologen angehören, die zur Wahl standen: Bedford-Strohm, Kurschus, Fehrs, Jung und Dröge. Evangelikal geprägte Protestanten werden durch Diener repräsentiert. Mit Joussen und Springer sind zwei Juristen im Rat vertreten, durch Springer außerdem die größte Landeskirche (die Hannoversche). Barner und Thieme repräsentieren die Wirtschaft, Rachel und Griese die Politik, Gräb-Schmidt die wissenschaftliche Theologie, Kaufmann die Diakonie.
Jugenddelegierte bitter enttäuscht
Vor Beginn des siebten Wahlgang versuchte der Jugenddelegierte Steve Kennedy Henkel die Synode noch einmal zur Wahl des jüngsten Kandidaten Ingo Dachwitz (Jahrgang 1987) zu ermuntern, wurde aber von Synodenpräses Irmgard Schwaetzer mit dem Hinweis unterbrochen, solche Wortmeldungen seien während einer Wahl "nicht angesagt". Nachdem Dachwitz im achten Wahlgang eine Klatsche von nur 27 Stimmen bekam, zog er seine Kandidatur zurück. Unter den Jugenddelegierten und ihren Unterstützern machte sich sehr große Enttäuschung breit. Der Hannoversche Landesbischof Ralf Meister sprach - wie auch Heinrich Bedford-Strohm und andere Kirchenleitende - den Jugendvertretern Trost zu und nannte das Ergebnis "bitter".
Bereits nach dem zweiten Wahlgang hatten die Architekturprofessorin Gesine Weinmiller und der Religionspädagogik-Professer Joachim Kunstmann ihre Kandidatur zurückgezogen, ebenso vor dem vierten Wahlgang der Professor für Religionswissenschaft Alexander-Kenneth Nagel und die Erzieherin Tabea Dölker. Nach dem fünften Wahlgang gab die Theologin Claudia Brinkmann-Weiß auf, nach dem sechsten der Journalist Johann Michael Möller, nach dem achten der Student Ingo Dachwitz und die Archäologin und Museumsdirektorin Katja Lembke. Nach dem zehnten Wahlgang zog der Jurist Norbert Nordholt seine Kandidatur zurück, so dass nur noch der Kandidat Dieter Kaufmann übrig blieb.
Für die 14 zu vergebenden Sitze gab es ursprünglich insgesamt 23 Bewerber. Die Wahl begann am Dienstagmorgen um neun Uhr und dauerte 13 Stunden. Zwischendurch wurde die Sitzung immer wieder unterbrochen, damit die Synodalen sich untereinander absprechen konnten. Hintergrund: Bei der Wahl der Ratsmitglieder sind laut Grundordnung der EKD die bekenntnismäßige und landschaftliche Aufteilung und die Ausgewogenheit des Geschlechterverhältnisses zu berücksichtigen. Das geht nur mit Hilfe von Absprachen, gelang dieser Synode aber nur in manchen Wahlgängen.
Bei einer Ratswahl sind alle 120 Mitglieder der Synode stimmberechtigt sowie die Kirchenkonferenz - als Vertretung der Landeskirchen - mit 20 Stimmen. Die Wahlberechtigten haben in jedem Wahlgang so viele Stimmen, wie Plätze zu vergeben sind, also im ersten Wahlgang 14 Stimmen, danach entsprechend weniger. Synodenpräses Irmgard Schwaetzer, die die Wahl leitete, gehört dem Rat der EKD qua Amt an.
Am Mittwoch bestimmen Synode und Kirchenkonferenz gemeinsam mit Zweidrittelmehrheit aus der Mitte der gewählten Ratsmitglieder den neuen Ratsvorsitzenden sowie dessen Stellvertreterin in getrennten Wahlgängen. Favorit für den Posten als oberster Repräsentant der 22,5 Millionen deutschen Protestanten ist der bayerische Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm, der das Amt vor einem Jahr übernommen hatte. Die Amtszeit des neuen Rates geht bis 2021.