Frau Sawatzki, Sie spielen in Ihrem neuen Film "Es kommt noch besser" eine Sekretärin, die nach zig Berufsjahren den Job verliert. Was hat Sie an der Rolle gereizt?
Andrea Sawatzki: Mir hat die Idee gefallen, dass eine Frau, die sich immer in geregelten Bahnen bewegt hat und das Vorurteil hatte, dass Arbeitslose selber schuld an ihrer Misere seien, plötzlich selber arbeitslos wird und damit zurechtkommen muss.
Hatten Sie jemals in Ihrem Berufsleben eine vergleichbare Situation, in der Sie ohne Job dastanden?
Sawatzki: Gerade in jungen Jahren gab es schon die eine oder andere Durststrecke bei mir. Als ich meinen Job am Theater gekündigt hatte, um Filme zu machen, kam nach drei kleineren Rollen lange nichts. Ich liebe meinen Beruf, und es war schwer für mich zu verstehen, dass ich nicht besetzt wurde, weil ich einfach das falsche Gesicht für eine Rolle hatte, obwohl ich doch wusste, dass ich es eigentlich kann. Aber irgendwann hat das Telefon dann zum Glück wieder geklingelt und es kamen neue Projekte.
Waren Sie denn je auf dem Arbeitsamt?
Sawatzki: Ich habe mich früher zwischen Projekten regelmäßig arbeitslos gemeldet, aber mittlerweile nicht mehr. Wenn ich zwischen zwei Filmen frei habe, mache ich ja immer wieder Hörbücher oder habe Lesungen – und dann für jeden einzelnen Tag, an dem ich frei habe, zum Arbeitsamt zu laufen, das schaffe ich nicht. Das heißt natürlich auch, dass ich einmal von meiner staatlichen Rente auf keinen Fall leben könnte, wenn ich auf sie angewiesen wäre.
Aber als ehemalige "Tatort"-Kommissarin bekommen Sie heutzutage ja sicherlich genug Aufträge und müssen sich keine Sorgen mehr machen…
Sawatzki: Ich kenne wie fast alle Schauspieler die Zeiten, wo man nicht so gefragt ist. Aber momentan ist zum Glück alles im grünen Bereich, es läuft alles sehr gut.
Hat sich Ihre Karriere seit Ihrem Abschied von der Rolle als "Tatort"-Kommissarin Charlotte Sänger eigentlich so entwickelt, wie Sie sich das erhofft hatten?
Sawatzki: Ich wollte ja weg von der Festlegung, die so eine Rolle mit sich bringt. Ich wurde auf der Straße immer wieder als Frau Sänger angesprochen, das war mir irgendwann unheimlich. Was mich aber wundert ist, dass ich seit dem "Tatort"-Ende gar nicht mehr in Krimis besetzt werde.
Dann ist es also gar keine bewusste Entscheidung von Ihnen, auf Krimirollen zu verzichten, weil Sie davon nach der langen "Tatort"-Zeit genug hatten?
Sawatzki: Nein. Ich spiele jetzt eigentlich vor allem Komödien, und das mache ich ja auch wahnsinnig gerne, aber ich würde gerne beides machen. Mal sehen, vielleicht wird ja irgendwann mein neuer Roman verfilmt, der Psychothriller "Der Blick fremder Augen", der im Herbst erscheint. Da wäre eine Rolle als Kommissarin für mich drin (lacht).
Das Buch ist bereits Ihr vierter Roman. Haben Sie sich mit Schreiben bewusst ein zusätzliches Standbein geschaffen, um nicht ganz auf die Schauspielerei angewiesen zu sein?
Sawatzki: Mir macht das Schreiben einfach total Spaß. Es ist einer der Vorteile, wenn man älter wird, dass die Kinder schon ein bisschen größer sind und auch gerne mal in Ruhe gelassen werden – so hatte ich die Zeit zum Schreiben.
Gerade hat das ZDF ja Ihren Bestseller "Tief durchatmen, die Familie kommt" verfilmt. Sie spielen die Ehefrau, den Gatten verkörpert Axel Milberg. Wieso nicht Ihr echter Ehemann Christian Berkel?
Sawatzki: Der Ehemann in dem Buch ist so ganz anders als Christian, er ist Schlagerfan und muss auch etwas Gemütliches haben, da passt Axel Milberg schon besser. Es wäre mir in dieser Konstellation auch zu nah an meinem Privatleben. Aber Christian hat eh sehr viel zu tun, er hat gerade mit Isabelle Huppert einen neuen Kinofilm von Paul Verhoeven gedreht, eine Verfilmung eines Romans von Philippe Djian. Das hat ihm großen Spaß gemacht, er ist gerade auf Wolke 7.
"Ich würde mir mehr komplexe Figuren wünschen"
Warum sieht man Sie eigentlich nie im Kino?
Sawatzki: Vielleicht habe ich zu lange "Tatort" gemacht, ich weiß es nicht. In Deutschland wurden Kinoschauspieler und TV-Schauspieler lange Zeit streng getrennt. Mittlerweile vermischt sich das ja aber. Eine große Kinorolle wäre wirklich schön.
Welche Pläne haben Sie fürs Fernsehen?
Sawatzki: Ich glaube ich darf verraten, dass die Serie "Klimawechsel" über Frauen in den Wechseljahren aller Voraussicht nach fortgesetzt wird. Doris Dörrie schreibt gerade an der Vorlage, und wir hoffen alle, dass etwas aus dem Projekt wird. Das war eine herrliche Serie, so gegen den Strich erzählt, und ich habe meine Rolle darin geliebt. Außerdem würde ich mir mehr komplexe Figuren wünschen, denen man wie meiner Kommissarin Charlotte Sänger in die Seele blicken kann. So etwas gibt es leider nur selten.