Der Tod gehört zum Leben dazu, so sagt man. Jede und jeder von uns kommt einmal an diesen Punkt. Wir alle müssen eines Tages abkratzen, abnippeln, über den Jordan gehen, den Adler machen, den Löffel abgeben, den Abgang machen, abtreten, das Zeitliche segnen, ins Gras beißen, die Tomaten von unten ansehen.
Wie – die Tomaten? Heißt das nicht die Radieschen? Nun – ein älteres, das Zeitliche bereits gesegnet habendes Ehepaar hat genau das von der liebenden Enkelin als Grabschmuck bekommen: Tomaten auf dem Grab. Als Erinnerung daran, wie gern sie in früheren Zeiten gemeinsam Tomaten gepflanzt und auch gegessen hatten. So wucherten nun also auf dem Grab der Großeltern die Tomatenpflanzen. Offensichtlich richtig gut, denn das Ganze kam durch eine Bitte der Besitzer des Nachbargrabes an die Öffentlichkeit, die Tomaten mögen doch bitte mal beschnitten werden – was die Enkelin auch gerne und umgehend erledigte.
Doch nun folgte eine überraschende Diskussion: Sind Tomaten auf dem Grab nicht etwa völlig pietätlos? Die Friedhofsreferentin und ehrenamtliche Stadträtin von Neuburg an der Donau, in deren Zuständigkeitsbereich besagte Tomatenstauden wuchsen, kündigte einen Antrag zur Änderung der Friedhofssatzung an, denn ein Friedhof sei doch kein Schrebergarten. Und überhaupt, wer wolle denn schon Friedhofstomaten essen?
Und mal ganz ehrlich: Im Vergleich zu manchen kitschigsten Engelsfiguren und anderem Gedöns auf Gräbern finde ich wuchernde Tomaten wunderschön. Ein Ausdruck des Lebens, das sich nicht unterkriegen lässt. Grün. Rot. Lebendig. Nahrhaft. Farbenfroh. So kann ein Grab zum Ausdruck der Hoffnung auf neues Leben werden. Nein, ich hätte auch keine Bedenken, diese Tomaten zu essen. Ganz im Gegenteil: so ein paradiesisch-wohlschmeckender Tomatensalat in Gedenken an die Großeltern, das kann etwas Wunderschönes sein. Wenn man mal von dem kleinen Schönheitsfehler absieht, dass der Schreiber dieser Zeilen nicht der allergrößte Tomatenfan der Welt ist. Dann vielleicht doch bitte lieber die Radieschen.
Wir wünschen den trauernden Angehörigen, dass der derzeitige Rummel um ihre Grabbepflanzung sie nicht zu sehr berührt und belastet. Dass sie das Andenken an ihre Verstorbenen bewahren können. Und dass ihnen die Tomaten noch viele Jahre wohl schmecken werden. Wohl bekomms!
Zusammenstellung der Redewendungen aus: http://www.alexanderschule-vechta.de/rune/seiten/3/31/319/index.htm