Atombomben
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Zusammen besitzen die USA und Russland mehr als 90 Prozent aller Nuklearwaffen.
"Alarmierender Trend"
Ein Ende des nuklearen Wettrüstens ist nicht in Sicht - im Gegenteil. Friedensforschern zufolge sind die Atommächte weiter dabei, ihre Arsenale zu modernisieren oder auszubauen. Damit steige auch das Risiko für den Einsatz von Atomwaffen.

Friedensforscher warnen vor einem weiteren atomaren Wettrüsten. Zwar habe sich die Zahl nuklearer Sprengköpfe weltweit weiter verringert, erklärte das Friedensforschungsinstitut Sipri am Montag in Stockholm. Allerdings sei damit zu rechnen, dass die Bestände in den nächsten zehn Jahren wieder steigen. Zugleich seien die neun Atommächte kontinuierlich dabei, ihre Arsenale zu modernisieren und auszubauen. Sipri-Forscher Wilfred Wan sprach von einem "alarmierenden Trend".

Laut einem am Montag veröffentlichten Bericht besaßen die USA, Russland, Großbritannien, Frankreich, China, Indien, Pakistan, Israel und Nordkorea zu Beginn dieses Jahres insgesamt 12.705 atomare Sprengköpfe und damit 375 weniger als Anfang 2021. Die Anzahl der operativ einsetzbaren Nuklearsprengköpfe schätzen die Friedensforscher aktuell auf 3.732. Davon würden etwa 2.000 Sprengköpfe auf hoher Alarmstufe bereitgehalten. Fast alle seien im Besitz Russlands oder der USA. Sipri-Forscher Wan sagte, die meisten Atommächte schärften "ihre nukleare Rhetorik und verdeutlichen die Rolle, die diese Waffen innerhalb ihrer militärischen Strategien spielen".

Anfang 2020 gab es weltweit noch 13.400 nukleare Sprengköpfe. Der Rückgang wird vor allem der Entsorgung ausrangierter Sprengköpfe durch Russland und die USA zugeschrieben. Zusammen besitzen beide Länder mehr als 90 Prozent aller Nuklearwaffen. Die Verringerung war im bilateralen Abrüstungsabkommen "New Start" im Jahr 2010 vereinbart worden. Kurz vor dessen Auslaufen im Februar 2021 wurde es um fünf Jahre verlängert. Schon damals bemängelte Sipri, dass es kaum Aussichten auf eine zusätzliche bilaterale nukleare Rüstungskontrolle gebe.

Keiner führt Rüstungskontrollverhandlungen

Nun sprechen die Friedensforscher von "gemischten Signalen" in der Nukleardiplomatie. Im Januar 2021 trat der UN-Vertrag zum Verbot von Atomwaffen in Kraft, der bis Mai von 86 Staaten unterzeichnet und von 61 Ländern ratifiziert wurde. Atommächte wie die USA, Russland, China, Frankreich und Großbritannien, die zugleich die fünf permanenten Mitglieder des UN-Sicherheitsrates sind, lehnen das Abkommen jedoch ab. Kritiker warnen schon länger, dass etwa die USA auf sogenannte "Mini-Nukes" mit geringerer Sprengkraft setzen, die gezielter eingesetzt werden können, aber ähnlich zerstörerisch sind.

Wegen des Ukraine-Krieges seien die bilateralen Gespräche zwischen Russland und den USA ins Stocken geraten, erklärten die Friedensforscher. Russland habe sogar offen mit dem möglichen Einsatz von Atomwaffen gedroht. Auch keiner der anderen Nuklearwaffen-Staaten führe Rüstungskontrollverhandlungen.

"Das Risiko eines Einsatzes atomarer Waffen scheint heute höher als je zuvor seit dem Höhepunkt des Kalten Krieges", sagte Institutsdirektor Dan Smith. Die sieben anderen Nuklearmächte verfügen Sipri zufolge zwar über deutlich kleinere Arsenale. Doch auch sie seien weiter dabei, diese zu modernisieren oder aufzustocken.

Nach Sipri-Angaben erweitert zum Beispiel China sein Arsenal - Satellitenbilder zeigten den Bau von mehr als 300 neuen Raketensilos. Großbritannien hatte 2021 angekündigt, die Obergrenze für seinen gesamten Vorrat an Sprengköpfen zu erhöhen. Während das Land China und Russland wegen mangelnder Transparenz kritisierte, kündigte es seinerseits an, keine Zahlen mehr über die eigenen Bestände offenzulegen. Frankreich startete derweil im Februar 2021 ein Programm zur Entwicklung strategischer Atom-U-Boote der dritten Generation mit ballistischen Raketen.