Neue Debatte über Finanzierung des Aufbau Ost
Die SPD-Spitzenkandidatin für die Landtagswahl in NRW, Hannelore Kraft, will am Solidarpakt rütteln. Kommunen im Westen sollen entlastet werden. Ungewiss ist auch, wie es mit dem Solidaritätszuschlag weitergeht. Auf lange Sicht spricht sich Bernhard Vogel für die Abschaffung aus.

Für die SPD steht in diesem Jahr einiges auf dem Spiel. Bei den Landtagswahlen im bevölkerungsstärksten Bundesland Nordrhein-Westfalen will sie beweisen, dass sie immer noch eine Volkspartei ist. Vor allem im ehemaligen "Stammland".

Um Wähler zu gewinnen, kommt es gut an, den klammen Kommunen im Land Aussicht auf Unterstützung zu geben, dachte sich wohl die SPD-Spitzenkandidatin Hannelore Kraft. Und nahm sich kurzerhand den Solidarpakt II vor, der den neuen Bundesländern bis 2019 Bundeszuschüsse für Infrakstrukturmaßnahmen sichert. "20 Jahre nach der deutschen Einheit muss man sagen: Jetzt ist auch wieder der Westen dran", sagte die Sozialdemokratin, die auch stellvertretende Bundesvorsitzende ist, "Spiegel Online". Eine arme Stadt bleibe arm, egal ob in Ost oder in West. Gelder müssten daher nach Bedürftigkeit und nicht nach Himmelsrichtung verteilt werden.

Kommunen ächzen unter Lasten

Der sogenannte Solidarpakt II läuft noch bis zum Jahr 2019 und wird rund 150 Milliarden Euro kosten. Er ist gesetzlich verankert; Änderungen daran sind nicht so ohne weiteres möglich. Deswegen will die NRW-SPD auch an der Gewerbesteuer knapsen. Die Idee: Der Anteil an der Gewerbesteuer, den die Kommunen an Bund und Länder abtreten müssen, soll von 45 auf 23 Prozent gesenkt werden.

Dass viele Kommunen zwischen Aachen und Dortmund finanziell am Ende sind und sie daher die neuen Entlastungen, die Schwarz-Gelb versprochen hat, fürchten, ist unbestritten. Strukturwandel, hohe Arbeitslosigkeit, hohe Sozialausgaben – das sind nur einige Punkte, mit denen die Kommunen kämpfen. Die Sparvorschläge reichen von Schließungen von Theatern und Schwimmbädern bis zur Erhöhung von Gebühren für Straßenreinigung oder Müllabfuhr. Wie den klammen Kommunen – nicht nur in NRW – geholfen werden kann, wird also auf der politischen Agenda bleiben.

Zumal eine weitere Finanzierungsmöglichkeit auf der Kippe steht: der Solidaritätszuschlag. Auch er steht seit längerem in der Diskussion. Das Finanzgericht Niedersachsen hatte im November 2009 Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit des Solidaritätszuschlages geäußert und diesen daher dem Bundesverfassungsgericht vorgelegt (Az. 7 K 143/08). Eine Entscheidung wird allerdings nicht vor Mitte des Jahres erwartet.

Vogel will Soli 2019 abschaffen

Der CDU-Politiker Bernhard Vogel hat sich inzwischen dafür ausgesprochen, den Solidaritätszuschlag mit dem Auslaufen des Solidarpaktes II 2019 abzuschaffen. Dreißig Jahre nach dem Fall der Mauer sei es dann an der Zeit, Sonderförderprogramme zu beenden und andere Wege, wie etwa den regulären Länderfinanzausgleich, einzuschlagen, schreibt Vogel in einem Gastbeitrag für evangelisch.de.

Sollte das Bundesverfassungsgericht die Erhebung des Solidaritätszuschlages stoppen, werde es allerdings zu einer Anhebung der Einkommen- und Körperschaftssteuer kommen müssen, schreibt Vogel weiter. An der steuerlichen Belastung des Bürgers würde sich somit am Ende nichts ändern. Politisch spreche ohnehin alles dafür, den Solidaritätszuschlag nicht "zum jetzigen Zeitpunkt" abzuschaffen. "Die Währungs- und Wirtschaftskrise ist nicht überwunden. Maßnahmen zur Wiederbelebung der Konjunktur sind im allgemeinen Interesse dringend notwendig", so Vogel.

hen/fra