Der Glaube an die Auferstehung ist das Fundament des christlichen Glaubens. Nicht Weihnachten und das Kind in der Krippe sind Ausgangspunkt des Christentums, sondern Passion und Ostern. Im Prinzip besteht die Osterbotschaft aus einem einzigen Satz: "Gott hat Jesus von den Toten auferweckt." Als einer der ersten hat sie der Apostel Paulus aufgeschrieben, und zwar um 50 nach Christus im 1. Brief an die Thessalonicher (Kapitel 1, Vers 10 und Kapitel 4, Vers 14). Spätere biblische Ostererzählungen (zum Beispiel in Markus 16 oder Johannes 20) sind aus der knappen Botschaft heraus entfaltet worden. "Es sind Legenden, die das Unvorstellbare anschaulich machen", betont Hubertus Halbfas in seiner "Bibel für kluge Kinder und ihre Eltern". Doch trotz der biblischen Erzählungen ist die Rede von der "Auferstehung" für kleinere Kinder bis etwa neun Jahren nur schwer verständlich.
Wenn Pfarrerin Andrea Braner an Ostern zur dreistündigen "Kirche mit Kindern" einlädt, dann geht es für sie nicht darum, schon kleine Kinder "mit theologischen oder historischen Wahrheiten zu befüllen". Die Beauftragte für Kindergottesdienst der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck (EKKW) möchte Kindern vielmehr einen emotionalen Zugang zur Osterbotschaft vermitteln und dabei an ihre Erfahrungen und Vorstellungen anknüpfen. Denn den biblischen Ostererzählungen ist gemein, dass sie davon erzählen, wie Menschen in der Begegnung mit dem Auferstandenen auf geheimnisvolle Weise verändert werden: Von der Furcht zur Freude, von der Trauer zum Trost, von der Hoffnungslosigkeit zur Zuversicht, vom Zweifel zum Vertrauen. Solche Gefühle erleben auch Kinder schon.
Beim Versuch, sich dem Geheimnis der Auferstehung anzunähern, hat die Christenheit schon früh auf Symbole wie etwa Licht und Sonne zurückgegriffen. "Schon Kinder sind sensibel für solche Symbole", weiß Andrea Braner. Hilfreich sind Lichtsymbole allerdings nur, wenn auch die vorausgehende dunkle Geschichte des ungerechten Leidens und Sterbens Jesu zur Sprache kommt. Den Einwand, man könne doch Kinder nicht mit Leiden und Tod konfrontieren, mag der Bibeldidaktiker Ingo Baldermann angesichts allgegenwärtiger Schreckensmeldungen in den täglichen Nachrichten nicht gelten lassen.
Gerade an der Leidensgeschichte Jesu, so argumentiert er, könne auch Kindern deutlich werden, dass Jesus das Leiden nicht fremd sei. So könne Verständnis für einen Gott angebahnt werden, der nicht "a-pathisch" und allmächtig über den Menschen thront, sondern ihr Leiden kennt und mitfühlt, "mit-leidet".
Stationenweg: Das Leben blüht wieder auf
In der Kinderkirche zum Thema Passion und Ostern, die Andrea Braner gestaltet, beschreiten die Kinder draußen und drinnen einen sinnenorientierten biblischen Stationenweg. Der Weg führt vom Einzug in Jerusalem über das Abschiedsmal Jesu mit seinen Jüngern, die Fußwaschung über Gefangennahme und Kreuz bis zum leeren Grab. Für die Kinder wird der Weg jeweils durch Erzählungen in kindgerechter Sprache, Symbole, Lieder und Aktionen lebendig.
Als Symbol für das Sterben Jesu wird aus dem Rasen ein Kreuz ausgehoben und eine Kerze – Symbol für das Lebenslicht Jesu – ausgeblasen. An der Osterstation dürfen die Kinder dann am Ende des Weges das dunkle, kahle Bodenkreuz mit Frühblühern bepflanzen. Und natürlich erstrahlt auch das erloschene Lebenslicht der Kerze neu: Bei Gott ist niemand für immer tot. Das Leben blüht wieder auf. Zudem können Kinder ein aus Zweigen geflochtenes Kreuz mit bunten Fäden oder Blumen schmücken und mit nach Hause nehmen.
Für die Kar- und Osterwoche erinnert die die thüringische Kindergottesdienstexpertin Caritas Führer an eine alte Tradition, die Eltern auch zu Hause gut mit ihren Kindern aufgreifen können. In einer Gartenecke oder in einer Holzkiste in der Wohnung gestalten Kinder allein oder mit Hilfe eine Osterkrippe. Aus Steinen, Zweigen und Erde entsteht eine kleine Landschaft mit einer Grabeshöhle. Jüngere Kinder mögen es zudem, wenn sie Figuren der biblischen Geschichten in ihrem Ostergarten aufbauen dürfen. Am möglichst frühen Ostermorgen wird er dann mit Blumen geschmückt und die vormals verschlossene dunkle Grabhöhle wird von einer brennenden Kerze erleuchtet.
Chamäleonvogel oder Schmetterling: bunt und schön
Immer mehr Kinder und ihre Eltern bringen keinerlei Vorkenntnisse im Blick auf Ostern mit. Die biblischen Erzählungen zu Passion und Ostern können kaum noch vorausgesetzt werden. Andrea Braner setzt deshalb gerne das Bilderbuch "Der Chamäleonvogel" ein. Auf zehn wunderschön gestalteten Doppelseiten erzählt der Phantasievogel, was er mit Jesus erlebt und erfahren hat. Zugleich arbeitet das Buch mit einem starken emotionalen Symbol: Die Federn des Chamäleonvogels leuchten bunt und schön, wenn er von Jesus und seiner Liebe zu den Menschen erzählt. Sie werden grau und schwarz, als Jesus am Kreuz stirbt. Am Ende, zu Ostern, leuchtet sein Gefieder so hell und bunt wie nie. Am Chamäleonvogel wird sichtbar: Das Leben ist stärker als das Leiden und der Tod, das Licht stärker als die Dunkelheit.
Klaus Hammes, Pfarrer in Solingen-Ohligs, feiert an jedem Sonn- und Feiertag mit Kindern zwischen drei und acht Jahren Gottesdienst. Die Osterbotschaft, die er schon den Kindern und auch den sie begleitenden Eltern nahe bringen möchte, lautet: "Selbst der Tod kann der Nähe und Liebe Gottes zu uns Menschen nichts anhaben."
Schon in Gottesdiensten für Kindergartenkinder macht Klaus Hammes gute Erfahrungen mit dem Symbol des Schmetterlings, dem vielleicht schönsten Gleichnis für Tod und Auferstehung: Die Raupe steht für das Erdenleben, der Kokon für den Tod, der Schmetterlings für neues, verwandeltes Leben.
Wie diese Verwandlung vor sich geht, bleibt verborgen – aber sie geschieht. Dass sich eine Raupe nach ihrer Verpuppung aus scheinbarer Todesstarre in einen schönen Schmetterling verwandelt, kennen viele Kinder aus dem Kinderbuchklassiker "Die kleine Raupe Nimmersatt" von Eric Carle. So wie die Raupe geheimnisvoll verwandelt aus ihrem Kokon heraus kommt, so trat auch Jesus aus dem dunklen Grab in ein neues verwandeltes Leben.
Das Samenkorn: geheimnisvolles neues Leben
Christian Nell-Wunsch, Kindergottesdienstbeauftragter der Evangelischen Kirche im Rheinland, liegt viel daran, dass bereits Kinder mit ihren Erfahrungen und theologischen Vorstellungen ernst genommen werden. Wer mit Kindern über Tod und Auferstehung sprechen will, muss selbst authentisch sein und Ostern in das eigene Leben und in das der Kinder übersetzen können, ist Nell-Wunsch überzeugt. Die Frage, was Auferstehung für ihn selbst bedeutetet, beantwortet er schlicht so: "Gott hält sein Versprechen, bei uns zu sein – Gott geht mit."
Neben Symbolen wie Raupe und Schmetterling, Licht und Dunkelheit greift Christian Nell-Wunsch gerne auf das Samenkorn zurück (und ist damit in guter Gesellschaft des Apostel Paulus, 1. Korintherbrief 15,35 ff). Wenn Kinder – womöglich bereits vor Ostern – Kresse- oder Weizensamen aussäen, dann können sie beobachten, dass das Samenkorn nach dem Aufgehen nicht mehr zu sehen ist. Es stirbt – aber aus ihm wächst geheimnisvoll und wunderbar neues Leben. Dieses frühe Bild kann die Grundlage für einen späteren, bewussten Zugang zu dem großen Geheimnis von Ostern sein.