Mitt Romney
Foto: dpa/Jim Lo Scalzo
Der republikanische Präsidentenkandidat Mitt Romney bei einer Wahlkampfveranstaltung in den USA. Er hat öffentlich die Armen Amerikas als Opfer und Schmarotzer herabgewürdigt.
Mitt Romney: Die Hälfte der Amerikaner ist ihm egal
US-Präsidentenkandidat Romney ist immer für eine Panne gut. Jetzt geißelte fast die Hälfte der Amerikaner und die Wähler von Präsident Obama als Schmarotzer, die keine Steuern zahlen und sich als "Opfer" fühlen, die ihr Leben nicht auf die Reihe kriegen. Und das mit irreführenden Zahlen.
18.09.2012
evangelisch.de

Der republikanische Präsidentenkandidat Mitt Romney hat sich in einem heimlich aufgenommenen Video abfällig über arme Amerikaner und Wähler des demokratischen Präsidenten Barack Obama geäußert. Multimillionär Romney beschrieb 47 Prozent der Amerikaner als Abzocker, die keine Einkommenssteuer zahlten und glaubten, sie seien Opfer und die Regierung müsse für sie sorgen. Das Video war während eines privaten Empfangs für reiche Wahlspender aufgenommen und am Montag (Ortszeit) vom linksgerichteten Magazin "Mother Jones" veröffentlicht worden. Das Obama-Wahlkampfteam sprach von verächtlichen Bemerkungen.

Die Aussage, dass 47 Prozent der Amerikaner keine Einkommenssteuer zahlten, bedeutet allerdings nicht, dass sie gar keine Steuern zahlen. Das US-amerikanische Steuersystem unterscheidet zwischen "income tax" und "payroll tax" - letzteres sind Steuern, die durch den Arbeitgeber direkt vom Lohn abgezogen werden. Der Studie des Tax Policy Center zufolge, der Romney seine Zahlen entnimmt, zahlen die 47 Prozent zwar keine bundesweite "income tax". Sie zahlen aber trotzdem "payroll tax" oder zumindest Sozialversicherungsbeiträge. Nur 18 Prozent der Amerikaner zahlen tatsächlich keine direkt eingezogenen Steuern - das sind aber mehrheitlich steuerbefreite Rentner oder Menschen mit einem Einkommen unter 20.000 Dollar im Jahr.

Romney will sich keine Sorgen um die Menschen machen

Romney sagte in dem veröffentlichten Mitschnitt: "47 Prozent der Leute werden für den Präsidenten stimmen, komme was wolle. Diese 47 Prozent sind für ihn (Obama), sie sind abhängig sind von der Regierung, sie glauben, dass sie Opfer sind, die glauben, dass die Regierung die Verantwortung hat, für sie zu sorgen, die glauben, dass sie ein Recht auf Gesundheitsfürsorge, Lebensmittel und Unterkunft, auf überhaupt alles haben." Diese Menschen scheiden nach den Worten von Romney als potenzielle Wähler für ihn aus. "Es ist nicht meine Aufgabe, mir Sorgen um diese Menschen zu machen. Ich werde sie niemals überzeugen, dass sie persönliche Verantwortung übernehmen und für ihr Leben sorgen."

Es handelt sich um eine seltene Aufnahme von einer privaten Fundraising-Veranstaltung, die ungefiltert Romneys private Ansichten dokumentiert. Romney-Sprecherin Gail Gitcho sagte laut "Washington Post" zu dem Video, der frühere Gouverneur von Massachusetts wolle allen Amerikanern helfen, die unter der Wirtschaftspolitik Obamas zu leiden hätten. Romney sei besorgt, über die wachsende Zahl von Menschen die finanziell von der Regierung abhängig seien.

Nicht die Hälfte der Nation abschreiben

In einer vom Internetportal realclearpolitics.com veröffentlichten Erklärung von Obamas Wahlkampfmanager Jim Messina heißt es: "Es ist schockierend, dass ein Präsidentenkandidat einer Gruppe von reichen Spendern hinter verschlossenen Türen erklärt, dass die Hälfte der Amerikaner sich als Opfer sieht, die einen Anspruch auf Almosen haben und nicht bereit sind, persönliche Verantwortung für ihr Leben zu übernehmen. Es ist schwierig, ein Präsident aller Amerikaner zu sein, wenn du verächtlich die Hälfte der Nation abschreibst."

Der Republikaner entschuldigte sich nach der Veröffentlichung nicht für seine Bemerkungen, sondern räumte lediglich ein, dass er sich nicht elegant ausgedrückt habe. Er habe den Unterschied zwischen den beiden Wahlkampflagern deutlich machen wollen, sagte Romney laut CNN: Obama wolle eine Gesellschaft, die von der Regierung bestimmt wird, er selbst wolle eine Gesellschaft freier Menschen, die ihre eigenen Träume verfolgen. Um die Obama-Wähler müsse er nicht mehr werben, sondern viel mehr die Mitte der Gesellschaft für sich gewinnen.

Der Mitschnitt von Romneys Rede: