Fernseher vor gelbem Hintergrund
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8. November, ARD, 20.15 Uhr:
TV-Tipp: "Die Eifelpraxis: Wann, wenn nicht jetzt"
Irgendwann erreicht jeder Mensch einen Punkt, an dem sich der Lebensweg gabelt: geradeaus heißt weiter wie bisher, doch dann wird sich vermutlich auch nie mehr etwas ändern; abbiegen heißt Risiko. Im Drehbuch von Sabine Glöckner für den vierzehnten Film aus der ARD-Reihe "Eifelpraxis" befinden sich gleich mehrere Figuren am Scheideweg.

Der vierzehnte Film aus der ARD-Reihe "Eifelpraxis" passt auf die Formel "Wann, wenn nicht jetzt": Die Kinder sind so gut wie aus dem Haus, ein Paar schmiedet Pläne für die gemeinsame Zukunft. Eine alte Frau, die sich bislang um ihren schwerkranken Mann gekümmert hat, will sich nach dessen Tod einen Jahrzehnte lang gehegten Traum erfüllen. Ein schon lange nicht mehr junger Single findet endlich seine große Liebe – aber natürlich kommt fast alles ganz anders.

Zunächst stellt sich jedoch ein typischer Effekt vieler Reihen dieser Art ein. Die Ausstrahlung des letzten Films liegt über zwei Jahre zurück, weshalb sich selbst "Eifelpraxis"-Fans erst mal orientieren müssen: Wer ist wie mit wem verwandt, warum hat die Heldin (Jessica Ginkel) noch mal so ein gespanntes Verhältnis zu ihrer Mutter, weshalb kann ihr Chef (Simon Schwarz) plötzlich wieder gehen? Der saß doch immer im Rollstuhl! Das Fremdeln ist jedoch nur vorübergehender Natur, denn Glöckner hilft dem Gedächtnis beiläufig auf die Sprünge: Hausarzt Chris Wegner hat sich als Testperson für eine neuartige Operationsmethode zur Verfügung gestellt, doch trotz des anstrengenden Reha-Trainings macht sein linkes Bein keinerlei Fortschritte. In der Praxis geht alles drunter und rüber, weil die neue Mitarbeiterin am Empfang überfordert ist. Als sie versehentlich auch noch die Arztberichte der letzten Wochen löscht, feuert Chris sie kurzerhand. 

Versorgungsassistentin Vicky hat derweil ein ganz anderes Problem. "Der liebe Gott freut sich über jedes Kind", hat Franz Beckenbauer einst die Folgen eines Seitensprungs kommentiert. Vickys Freude ist allerdings nicht ungeteilt. Ihr Freund Leon (Janek Rieke) möchte die Zweisamkeit genießen: endlich den schon länger geplanten Tauchkurs machen, eine neue Sprache lernen, reisen. Vicky will das alles auch; bis ein zweiter Strich auf dem Schwangerschaftstest auch zum Strich durch die Rechnung wird.

Das ist allerdings ein Luxusproblem im Vergleich zum Schicksal der Episodenhauptfigur: Susanne Horvat (Adriana Altaras), eine Freundin von Vickys Mutter (Corinna Kirchhoff) seit gemeinsamen Kindheitstagen, ist in die alte Heimat nach Monschau zurückgekehrt, um das Haus ihrer verstorbenen Eltern zu verkaufen; mit dem Erlös möchte sie nach Tansania reisen und den Kilimandscharo besteigen. Seit einiger Zeit hat sie jedoch immer wieder kleine Aussetzer: Das Gedächtnis spielt ihr Streiche, eine Hand zittert, und als sie beim Überqueren einer Straße wie erstarrt stehen bleibt, kann Vicky sie gerade noch davor bewahren, überfahren zu werden. Für Chris sind die Symptome eindeutig: Parkinson. Trotzdem will sich Susanne nicht von der Reise abbringen lassen; doch dann landet sie nicht in Afrika, sondern in der Notaufnahme. 

Glöckner hat die trotz allem positiv endenden Handlungsstränge ihres vierten Drehbuchs für die einst von Brigitte Müller geschaffene Reihe harmonisch miteinander verknüpft, sodass "Wann, wenn nicht jetzt" trotz des ständigen Wechsels der Ebenen nicht sprunghaft wirkt. Für eine komische Ergänzung der Dramen sorgt Vickys Vetter Volker: Der bodenständige Polizist hat sich in die Besitzerin (Caroline Junghanns) eines neu eröffneten Kiosks verliebt. Tom Keune gelingt es sogar, das eigentlich abgenutzte Heiterkeitselement der im Auto geprobten Einladung zum ersten Rendezvous witzig wirken zu lassen. Selbst dieser Comedy-Strang hat jedoch einen düsteren Subtext: Volkers eifersüchtige Mutter Martha (Marie Anne Fliegel) fürchtet, dass ihr Sohn nun keine Zeit mehr für sie hat, und täuscht eine Verletzung vor, damit er sich um sie kümmert. Prompt kommt es wie in der Moritat vom kleinen Jungen, der sein Dorf dauernd vor dem Habicht warnt, um Aufmerksamkeit zu erregen, sodass ihm keiner glaubt, als sich der Habicht tatsächlich über die Hühner hermacht. 

Die Umsetzung durch Petra K. Wagner, die auch die beiden letzten "Eifelpraxis"-Episoden (2022) inszeniert hat, ist allerdings bestenfalls unauffällig. Wer sich gern an originellen Regieeinfällen oder besonderen Kamerablickwinkeln erfreut, wird in "Wann, wenn nicht jetzt" wenig Grund zur Freude finden. Sehenswert ist der Film daher neben der Geschichte vor allem wegen des Ensembles und der Botschaft, das Leben zu leben: weil die guten Zeiten, wie Leon erkennt, so schnell vorbei sein können.