Menschenkette aus Papiermännchen
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Der Zusammenhalt der Gesellschaft und der Schutz von Flüchtlingen sind auf der EKD-Synode in Würzburg die Top Themen.
EKD-Synode in Würzburg
Kirche sorgt sich um Schutz von Menschen
Migration, Missbrauch und Ratswahlen: Wenn das evangelische Kirchenparlament im November in Würzburg tagt, steht viel auf der Tagesordnung.

Die Synode der EKD trifft sich vom 10. bis 13. November in der fränkischen Stadt am Main. "Migration, Flucht, Menschenrechte" lautet das Schwerpunktthema der Tagung. Bei den Landtagswahlen in drei ostdeutschen Bundesländern im September erzielte die AfD hohe Ergebnisse, in Thüringen wurde sie gar stärkste Kraft. Das Schüren von Ängsten vor allem Fremden beschert der Partei wachsenden Zulauf. Über eine Verschärfung der Asyl- und Einreiseregeln in Deutschland wird schon lange heftig gestritten. 

Auf einer Reise an die EU-Außengrenze im Sommer appellierte die Präses der Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Anna-Nicole Heinrich, an die deutschen Bürger: "Lasst euch keine Angst vor Zuwanderung machen."  Heinrich war nach Griechenland gereist, um sich unter anderem ein Flüchtlingslager auf der Insel Kos anzusehen. Über ihre Erfahrungen wird sie auch im November auf der Tagung des evangelischen Kirchenparlaments in Würzburg berichten.

Sie betrachte die aktuelle Migrationsdebatte mit Sorge, sagte auch die amtierende Ratsvorsitzende der EKD, Kirsten Fehrs, dem Evangelischen Pressedienst (epd). "Es scheint, dass der Ruf nach Abschottung gewinnt und der Schutz der Grenzen wichtiger ist als der der Menschenwürde." Die Kirche stehe immer wieder für die Rechte der Geflüchteten ein, fügte die Hamburger Bischöfin hinzu.

Doch angesichts des anhaltenden Bedeutungsverlusts der Volkskirchen ist das keine leichte Aufgabe. Auch das dürfte Thema bei der Synode sein. Aufgeben möchte Fehrs nicht, die sich auf der Tagung im November um den Ratsvorsitz für die nächsten drei Jahre bewirbt: "Kirche kann ein Ort sein, an dem man kontroverse Themen friedfertig ansprechen und diskutieren kann."

Kirchenparlament diskutiert über ForuM-Studie

Der Schutz von Menschen beschäftigt die Kirche derzeit nicht nur im Blick auf Landesgrenzen, auch innerhalb der Institution ist er zentrales Ziel bei der Aufarbeitung sexualisierter Gewalt. Im Januar hatte ein unabhängiges Forscherteam die ForuM-Studie zu Ursachen und Ausmaß sexualisierter Gewalt in der EKD und der Diakonie veröffentlicht. Grunderkenntnisse der Studie: Der Missbrauch hatte ein ähnliches Ausmaß wie in der katholischen Kirche. Betroffene, die Taten öffentlich machten, wurden als "Nestbeschmutzer" angesehen.

Taten wurden relativiert, Täter oftmals geschützt, Verantwortung externalisiert. Erstmals seit der Veröffentlichung diskutiert das Kirchenparlament nun über die Ergebnisse. Fehrs versprach im Januar, Verantwortung zu übernehmen. Auf der Synodentagung soll nun ein mehr als 40 Punkte umfassender Maßnahmenplan vorgelegt werden. Auch das Disziplinarrecht für Pfarrpersonen soll geändert werden. Anfang Oktober ging außerdem die Vernetzungsplattform "Bene" an den Start - ein Betroffenennetzwerk.

Entscheidung wird erst 2025 getroffen

Anders als ursprünglich gedacht, wird das geplante einheitliche System für Anerkennungsleistungen für Betroffene sexualisierter Gewalt nicht bis zur Synode entscheidungsreif sein. Obwohl auf EKD-Ebene eine Richtlinie verhandelt und gebilligt wurde, soll sie nun durch eine zusätzliche Prüfschleife durch die Landeskirchenämter.

Erst für 2025 ist mit einer Entscheidung zu rechnen. Der Sprecher der Betroffenen im Beteiligungsforum von EKD und Diakonie, Detlev Zander, kritisiert das. Das sei eine Enttäuschung für viele Betroffene, sagte er.
Im Grundsatz sieht die neue Richtlinie vor, dass es eine individuelle Leistung sowie zusätzlich einen pauschalen Betrag geben soll, wenn die Tat nach heute geltendem Recht strafrechtlich relevant ist. Die Höhe dieses Betrags wird auf der EKD-Synode genannt.

Dass die Debatte über die richtige Aufarbeitung intern zu Differenzen führt, zeigte zuletzt der Rücktritt des Bochumer Kirchenrechtlers Jacob Joussen aus dem Rat der EKD. Neben persönlichen Gründen nannte er auch die Aufarbeitungspraxis, die er lieber in externen Händen wissen wollte.
Neben ihm und der im vergangenen Jahr zurückgetretenen westfälischen Präses und Ratsvorsitzenden Annette Kurschus wird auch der hessen-nassauische Kirchenpräsident Volker Jung den Rat verlassen.

Drei Mitglieder werden im November somit neu gewählt. Unter den Kandidaten sind die Kirchenpräsidentin der Evangelisch-reformierten Kirche, Susanne Bei der Wieden, und der Berliner Bischof Christian Stäblein. Aus dem komplettierten Rat wählt die Synode den regulären Ratsvorsitz sowie die Stellvertretung. Bischöfin Fehrs dürfte danach die alte und neue Frau in der Verantwortung sein.

Wahlverfahren für Rat der EKD und Ratsvorsitz

Bei der Synodentagung der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) vom 10. bis 13. November in Würzburg wird gewählt: Neben der Nachfolge für die frühere EKD-Ratsvorsitzende Annette Kurschus, die ihr Amt Ende vergangenen Jahres aufgegeben hatte, werden noch zwei weitere Plätze in dem 15-köpfigen Leitungsgremium frei. Kurschus' Stellvertreterin, die Hamburger Bischöfin Kirsten Fehrs, ist derzeit amtierende Ratsvorsitzende. Sie will sich im November als Ratsvorsitzende für die nächsten drei Jahre bestätigen lassen. Bei der Wahl der Ratsmitglieder ist laut Grundordnung die bekenntnismäßige und landschaftliche Gliederung der EKD zu berücksichtigen. Zudem ist die Ausgewogenheit des Geschlechterverhältnisses zu beachten.

In einem ersten Schritt bestimmen Synode und Kirchenkonferenz - als Vertretung der 20 evangelischen Landeskirchen - die fehlenden Mitglieder für den Rat. Bei der Ratswahl sind alle 128 Mitglieder der Synode stimmberechtigt sowie die Kirchenkonferenz mit 20 Stimmen. Gewählt ist, wer mindestens zwei Drittel der abgegebenen gültigen Stimmen erhält. Sind die drei Mitglieder gewählt, tritt der Rat erstmals zusammen und bestimmt aus seiner Mitte einen Wahlvorschlag für den Ratsvorsitz. Synode und Kirchenkonferenz wählen anschließend in getrennten Wahlgängen mit Zwei-Drittel-Mehrheit die Personen für den Ratsvorsitz sowie die Stellvertretung. Die Amtszeit des Rates erstreckt sich noch bis 2027.

Gremien der Evangelischen Kirche in Deutschland

Die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) wird von drei Gremien geleitet: Synode, Kirchenkonferenz und Rat. Synode und Rat sind nach der Verfassung gleichrangige Gremien, allerdings mit unterschiedlichen Aufgaben ausgestattet. Die Kirchenkonferenz spiegelt den föderalen Aufbau des deutschen Protestantismus in den 20 Landeskirchen wider.

SYNODE: Das Kirchenparlament repräsentiert die evangelischen Christen in Deutschland. Die EKD-Synode besteht aus 128 Mitgliedern. Davon werden für eine Amtszeit von sechs Jahren 100 durch die Synoden der 20 Landeskirchen gewählt, 28 Synodale beruft der Rat, zumeist Personen des öffentlichen Lebens und kirchlicher Werke. Maximal die Hälfte der Kirchenparlamentarier dürfen Theologen sein. Seit 2021 sollen mindestens 20 der 128 Synodalen am 1. Januar des Jahres, in dem die Amtszeit der Synode beginnt, zwischen 18 und 26 Jahren jung sein. Geleitet wird die EKD-Synode von einem Präsidium, dem ein oder eine Präses vorsitzt. Aufgabe der Synode, die in der Regel einmal jährlich zusammentritt, ist es, die Arbeit der EKD und kirchliche Fragen zu beraten. Dazu gehören Beschlüsse über den EKD-Haushalt, Kirchengesetze und Kundgebungen für die Öffentlichkeit. Zusammen mit der Kirchenkonferenz wählt die EKD-Synode den Rat und aus dessen Mitte die Person für den Ratsvorsitz.

RAT: Er ist das mit einer "Regierung" vergleichbare Leitungsgremium. "Soweit die Befugnisse nicht anderen Organen beigelegt sind, ist er für alle Aufgaben der EKD zuständig", bestimmt die Kirchenverfassung. Von den 15 Mitgliedern des Rates werden 14 gemeinsam von der Synode und der Kirchenkonferenz für sechs Jahre gewählt. Dabei ist eine Zwei-Drittel-Mehrheit nötig. Die oder der Synodenpräses ist automatisch Ratsmitglied. Aus der Mitte des Rates wählen Synode und Kirchenkonferenz gemeinsam Ratsvorsitz und Stellvertretung. In der Praxis vertritt der oder die Ratsvorsitzende die evangelische Kirche in der Öffentlichkeit.

KIRCHENKONFERENZ: Ihr gehören je zwei Vertreter aus den Kirchenleitungen der 20 Landeskirchen an. In der Regel sind das der oder die leitende Geistliche und der leitende Jurist einer Landeskirche. Die Kirchenkonferenz ist das mit dem Bundesrat vergleichbare Organ, mit dem die Landeskirchen direkt Einfluss nehmen, etwa indem sie an der Gesetzgebung und der Ratswahl mitwirkt. Den Vorsitz in der Kirchenkonferenz, die in der Regel viermal im Jahr zusammentritt, hat stets der oder die Ratsvorsitzende.