Margot Friedländer am 23.09.2024 in Berlin
Annette Riedl/dpa
Mit dem ´"Hermann-Maas-Preis" wurde die 103 Jahre alte Holocaust-Überlebende Margot Friedländer geehrt.
Hermann-Maas-Preis verliehen
Bischöfin: Brauchen Stimme Friedländers
Die Holocaust-Überlebende Margot Friedländer und die Initiative "Zweitzeugen" haben den Hermann-Maas-Preis erhalten. Die Auszeichnung erinnert an Pfarrer Hermann Maas (1877-1970), der im Nationalsozialismus viele Menschen gerettet hatte.

Der Hermann-Maas-Preis wird alle vier Jahre in Heidelberg verliehen. Am Sonntagabend wurde die Auszeichnung an die Holocaust-Überlebende Margot Friedländer und die Initiative "Zweitzeugen" vergeben. "Ich verneige mich vor Margot Friedländer", sagte Heike Springhart, Landesbischöfin der Evangelischen Kirche in Baden, in ihrer Laudatio: "Wir brauchen ihre Stimme und die Erinnerung an die Abgründe der Menschlichkeit, von denen sie erzählt."

"Wir brauchen sie als Erinnerung und als Mahnung - damit dem Geist der Unmenschlichkeit und des Hasses gegen Jüdinnen und Juden auch heute eine klare Absage erteilt wird", so Springhart weiter. Mit ihren fast 103 Jahren strahle Friedländer eine ganz eigene Leidenschaft für das Leben aus. Sie zeige, dass alle Verantwortung für die Erinnerung und die Zukunft hätten. Sie fordere die Menschen auf, die Schrecken der Vergangenheit nicht nur zu betrauern, sondern aus ihnen zu lernen, sagte Springhart in der Heidelberger Heiliggeistkirche.

In einem Videobeitrag dankte Margot Friedländer für die Ehrung, die sie aufgrund ihres hohen Alters nicht persönlich entgegennehmen konnte. "Was war, können wir nicht mehr ändern. Aber es darf nie wieder geschehen." Es sei wichtig "für Euch, für Eure Nachkommen, für die Demokratie. Es ist wichtig für das Land und für die Menschen", betonte die Holocaust-Überlebende. Der evangelische Dekan Christof Ellsiepen, der Vorstandsvorsitzender der Hermann-Maas-Stiftung ist, hatte Friedländer Ende August in Berlin besucht.

Verlesen wurde zudem ein Grußwort der erkrankten Vorstandsvorsitzenden der Margot Friedländer Stiftung, Monika Grütters. Margot Friedländer freue sich über die gemeinsame Auszeichnung mit der Initiative "Zweitzeugen". Ziel ihrer unermüdlichen Gedenkarbeit sei es, "Zweitzeugen" auch ihrer eigenen, persönlichen Geschichte zu gewinnen.

Friedländer: "Auf unsere Menschlichkeit besinnen"

Friedländer hoffe, dass das, was sie selbst erleben musste, nie wieder geschehe, "weil wir uns auf unsere Menschlichkeit besinnen". Grütters zufolge hält Margot Friedländer das Andenken an Hermann Maas mit ihrem Wirken lebendig, auch mit diesen Worten: "Es gibt kein christliches Blut, es gibt kein muslimisches Blut, es gibt kein jüdisches Blut. Es gibt nur menschliches Blut. Seid Menschen."

Die Hermann-Maas-Stiftung (Heidelberg) vergibt den mit 2.500 Euro dotierten Preis alle vier Jahre für besonderes Engagement im interreligiösen Gespräch und der Versöhnungsarbeit zwischen den Religionen. Der Preis erinnert an den evangelischen Theologen Hermann Maas (1877-1970), der von 1915 bis 1943 Pfarrer an der Heiliggeistkirche war. 

Nach 1933 wurde er von den Nationalsozialisten wegen seines Einsatzes für die Versöhnung mit den Juden mit Berufsverboten belegt und von der SA gezwungen, auf die Predigttätigkeit zu verzichten. Unter Einsatz seines Lebens verhalf er mehr als 1.700 Menschen zur Emigration. Maas ist Ehrenbürger der Stadt Heidelberg und wurde vom Staat Israel als erster Deutscher mit der Yad Vashem Medaille als "Gerechter unter den Völkern" ausgezeichnet.

Der Verein "Zweitzeugen" mit Sitz in Essen dokumentiert (Über-)Lebensgeschichten des Holocaust, um sie nachfolgenden Generationen weiterzuerzählen. Er will Menschen ermutigen, sich heute selbst aktiv gegen Antisemitismus und andere Diskriminierungsformen einzusetzen. Diese Arbeit sei in Zeiten eines neu aufflammenden Antisemitismus besonders wichtig, urteilte die Jury.