Zigarette, lange Haare, Rauschebart: Lothar König, der langjährige Stadtjugendpfarrer von Jena, stach aus der Menge hervor. Nicht nur wegen seines Äußeren, sondern auch, weil er streitbar und oft unbequem war. Der evangelische Theologe, der nach Protesten gegen Neonazi-Aufmärsche 2011 in Dresden bundesweit bekannt wurde, ist am Montag (21. Oktober) im Alter von 70 Jahren gestorben.
"Lothar König war eine unglaublich beeindruckende Persönlichkeit, ehrlich, dem Menschen zugewandt und immer konsequent gegenüber denjenigen, die die Menschenwürde einschränken", sagte der Direktor der Stiftung Gedenkstätten Buchenwald und Mittelbau Dora, Jens Christian Wagner. Königs Engagement gegen Rechtsextremismus und Antisemitismus sei beispielgebend gewesen.
In den 2010er Jahren engagierte sich der Theologe mit seinem alten umgebauten VW-Bus samt Lautsprecheranlage auf zahlreichen Kundgebungen gegen rechts. Er geriet deshalb ins Visier der sächsischen Justiz. Der Vorwurf lautete schwerer Landfriedensbruch: König soll von seinem Kleinbus aus via Lautsprecher zu Gewalt aufgerufen haben.
Seine Kirche stand hinter König
Sein "Lauti", wie er das Fahrzeug nannte, wurde 2011 sogar zwischenzeitlich als "Tatwerkzeug" eingezogen. In der Folge gab es bei ihm Hausdurchsuchungen. Zeugenaussagen stellten sich später als falsch heraus, von der Anklage präsentierte Tonbandmitschriften entpuppten sich als wahrheitsfern.
Seine Kirche stand hinter König. Es gab eine breite gesellschaftliche Solidaritätswelle. Der erste Prozess platzte, ein zweiter endet 2013 mit der Einstellung des Verfahrens. Allerdings musste König eine Geldbuße von 3.000 Euro zahlen.
Unbequem war Lothar König schon vorher gewesen. 1954 in dem heute eingemeindeten Ortsteil Leimbach der Stadt Nordhausen geboren, geriet er schon als 15-Jähriger mit den Sicherheitsbehörden der DDR in Konflikt. Damals malte er "21. August '68 Dubcek" an eine Hauswand, um sich mit dem gewaltsam gestürzten Initiator des Prager Frühlings, Alexander Dubcek (1921-1992), zu solidarisieren.
Er durfte nicht auf das Gymnasium
Der Zugang zum Gymnasium blieb ihm in der Folge verwehrt. Über den Umweg einer Lehre als Zerspanungsmechaniker fand er den Weg zum Studium der Theologie. Ab 1986 baute er in Merseburg und nach 1990 in Jena die evangelische Junge Gemeinde auf. Er bot Jugendlichen Schutzräume vor staatlicher Repression und engagierte sich für einen demokratischen Aufbruch im Osten.
In Jena erlebte er auch die Radikalisierung der rechtsextremen Szene mit, aus der nach 1998 die Terrorgruppe des Nationalsozialistischen Untergrunds (NSU) hervorging. Vor allem in den 2010er-Jahren wurde König als Stimme und Kämpfer gegen den Rechtsextremismus in Thüringen und darüber hinaus bekannt. Aus den Auseinandersetzungen mit der rechten Szene trug der Pfarrer eine Narbe über dem rechten Auge davon - von einem Schlagring.
"Lothar hat viel und intensiv gelebt", schrieb seine Tochter Katharina König-Preuß zum Abschied auf der Internetplattform X. Bis zum Ende sei er "Fußballer, Punk und "Langhaariger" gewesen, dessen krasser Freiheitsdrang immer seinen Weg bestimmte, so die Thüringer Linken-Politikerin.
Auch Thüringens Bodo Ramelow (Linke) bekundete seine Wertschätzung für den streitbaren Theologen: "Lieber Lothar", schrieb Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) auf der Plattform X: "Du warst mir ein guter Freund und kluger Ratgeber. Über 30 Jahre habe ich Deine Kraft bewundert und Deine Klarheit geschätzt."