Die Caritas will bundesweit ihre Schuldnerberatung stärken, auch mit ehrenamtlichen Kräften. Dies geschehe "in einer Zeit, in der immer mehr Menschen Hilfe bei drohender Überschuldung brauchen", sagt die Präsidentin des Caritas-Bundesverbands, Eva Maria Welskop-Deffaa. Schulden könnten der Anfang eines bitteren Teufelskreises werden, den zu stoppen ohne Hilfe von außen nicht gelinge.
Bundesverbraucherschutzministerin Steffi Lemke (Grüne) unterstützt den geplanten Ausbau der sozialen Schuldnerberatung. "Wir wollen die wertvolle Arbeit der Schuldnerberatung stärker und noch effizienter machen", sagte die Ministerin. Dazu stellt ihr Haus rund zwei Millionen Euro für das Pilotprojekt "Engagiert in der Schuldnerberatung" zur Verfügung, das eine systematische Einbindung freiwilliger Helferinnen und Helfer in die Arbeit der Schuldnerberatungsstellen zum Ziel hat. "Dabei begleiten ehrenamtliche Mitarbeiter überschuldete Menschen, damit sie dauerhaft ein Leben ohne Schulden führen können", erklärte Lemke.
Die Beratungsstellen sind nach Angaben der Arbeitsgemeinschaft Schuldnerberatung der Verbände (AG SBV) überlastet. Die dichte Abfolge von Krisen wie die Corona-Pandemie, der Ukraine-Krieg sowie der starke Preisanstieg bei Energie und Lebensmitteln hätten die ohnehin schon hohe Nachfrage nach Schuldnerberatung noch einmal verstärkt.
"Der Bedarf nach Beratung steigt", heißt es in einem Bericht der Arbeitsgemeinschaft vom Frühjahr 2023. Die AG SBV vertritt etwa 1.400 gemeinnützige Schuldnerberatungsstellen in Deutschland. Laut Statistischem Bundesamt suchen pro Jahr 600.000 finanziell in die Bredouille geratene Menschen Hilfe. Eine Erhebung der AG unter den Einrichtungen kam zu dem Ergebnis: "In 68 Prozent der Beratungsstellen ist die Nachfrage abermals deutlich gestiegen." Vor allem hätten "deutlich mehr Erwerbstätige" Rat gesucht. Die Nachfrage aus der Mitte der Gesellschaft steige.
Unterstützende Aufgaben
Außerdem werde die Beratung zunehmend komplexer. Aufgrund des Andrangs müssten Bürger oft monatelang auf einen Termin warten - mit Folgen für sie: "Es kann zu einer Verschärfung der Verschuldungssituation mit der Folge drohender oder eingetretener Überschuldung kommen", schlägt der katholische Sozialverband Alarm.
In dieser Situation sollen nun die Schuldnerberatungsstellen verstärkt ehrenamtlich tätige Menschen einbinden. Die Freiwilligen sollen dabei keine Fachberatung übernehmen, sondern den Beratungsprozess unterstützen und flankieren. Im Unterschied zu anderen Aufgabenfeldern der Caritas sei in der Schuldnerberatung der Einsatz ehrenamtlicher Kräfte bisher "eher die Ausnahme", teilte Christoph Langer vom Caritas-Bundesverband dem Evangelischen Pressedienst mit. Langer leitet bei dem Verband das Projekt "Engagiert in der Schuldnerberatung".
Begleitung bei Behörden
Das von der Bundesregierung geförderte Projekt soll einen Impuls geben für einen möglichst flächendeckenden, gezielten Einsatz freiwillig Engagierter. "Im Projekt soll versucht werden, Ehrenamtliche mit Aufgaben zu betrauen, die rechtlich zulässig sind und denen die Ehrenamtlichen gewachsen sind", erläutert Langer.
Zu den Aufgaben von Freiwilligen könne zum Beispiel die Begleitung zu Behörden und Finanzinstituten gehören. In Abstimmung mit professionellen Schuldnerberatern könnten außerdem Unterlagen vorsortiert werden. Ebenso könnten Freiwillige nach der professionellen Beratung Hilfestellungen geben, damit die Betroffenen nicht erneut in eine Überschuldungssituation geraten.
In einzelnen Schuldnerberatungsstellen arbeiten Haupt- und Ehrenamtliche laut Langer bereits eng zusammen. An die vorhandenen, aber bisher nicht umfassend aufbereiteten Erfahrungen und Berichte in der Arbeit mit freiwillig Engagierten knüpfe das Pilotprojekt an: "Diese Erfahrungen sollen systematisiert und zusammengeführt werden." Es solle ein Leitfaden entwickelt werden, die anderen Schuldnerberatungen als Vorlage dienen können, heißt es. Das Projekt "Engagiert in der Schuldnerberatung: Stärkung der sozialen Schuldnerberatung durch den Einsatz freiwillig Engagierter" endet im November 2026.