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2. September, ZDF, 20.15 Uhr
TV-Tipp: "Pärchenabend"
Schon der Titel ist eine Finte. "Pärchenabend" klingt romantisch und harmonisch, doch das sechsköpfige Treffen entwickelt sich alsbald zum verbalen Gemetzel.

Irreführend ist auch das ZDF-Etikett: Der Film ist keine Komödie, sondern ein klassisches Beziehungsdrama. Die Dialoge sind zwar feinsinnig formuliert, aber gezielt verletzend. Lustig ist das nicht, selbst wenn Alexandra Maxeiners Szenario mitunter die Ironie des Schicksals walten lässt. Die Autorin hat für ihr Drehbuch das eigene gleichnamige Theaterstück adaptiert, allerdings auf ungewöhnliche Weise: Der Film ist eher eine Fortsetzung als eine Umsetzung. Die Bühnenversion behandelt vor allem die Vorbereitung des Abends; der Film erzählt, was anschließend passiert. Der Clou dabei: Drei Paare nehmen teil, doch es geht um fünf Beziehungen. 

"Pärchenabend" ist ein Sechs-Personen-Stück, aber mit nur zwei Mitwirkenden, die alle Rollen spielen. Das hätte vermutlich auch als Film funktioniert, wäre dem ZDF aber womöglich zu kompliziert gewesen und muss auch gar nicht sein. Außerdem ist das Ensemble namhaft, selbst wenn Regisseur Leo Khasin nicht gerade gegen den Strich besetzt hat: Seit einem Ereignis vor zwei Jahren hat sich eine Clique, alle um die vierzig, aus den Augen verloren. Caro (Alwara Höfels) möchte die Freundschaft bei einem gemeinsamen Abend mit Essen und Spielen neu entfachen, hat aber keine Ahnung, wie umtriebig die anderen zwischenzeitlich waren.

Ehemann Tarek (Serkan Kaya) sieht der Begegnung mit ebenso gemischten Gefühlen entgegen wie Philipp und Anne (Ken Duken, Adina Vetter): Er, weil er Tarek noch nie leiden konnte; sie, weil so ziemlich das Gegenteil der Fall ist. Matze (Jacob Matschenz) bringt seine neue Freundin mit; zwei betretene Blicke gleich zu Beginn lassen ahnen, dass auch Nesrin (Carol Schuler) mehr als nur ein Eisen im Feuer hat. 

In den beiden Staffeln der sehenswerten ZDF-Serie "Wendehammer" (2022/23) hat Maxeiner erzählt, wie ein viele Jahre zurückliegendes dunkles Geheimnis vier Freundinnen zusammengeschweißt hat; in "Pärchenabend" geht es vor allem darum, wie Freundschaften enden. Geheimnisse spielen dabei natürlich ebenfalls eine Rolle. Dass sich die eigentliche Ursache der Entfremdung schließlich als Missverständnis entpuppt, ist eine letzte Ohrfeige, die die Autorin ihren Figuren verpasst. Der eigentliche Kern ihrer Geschichte ist jedoch ein anderer. Im Verlauf der Auseinandersetzung, die schließlich zum Tribunal ausartet, bilden sich unerwartete Allianzen: hier die beiden Ehemänner, dort ihre Gattinnen. Tarek verteidigt seine Affäre als Ausbruchsversuch aus der von Caro organisierten "Alltagsmühle".

Daraufhin beschreiben sie und Anne die "systemischen Nachteile", die Frauen entstehen, wenn sie Kinder kriegen: Entweder kehren sie Vollzeit in den Job zurück, dann haben sie ein schlechtes Gewissen; oder sie arbeiten fortan Teilzeit, aber das ist dann gleichbedeutend mit dem Karriereende. Auch wenn sich die beiden geschickt die Bälle zuwerfen: Ihre Ausführungen  klingen wie eine Powerpoint-Präsentation rund um Begriffe wie Multitasking und Mental Load. Inhaltlich ist das natürlich alles richtig, ebenso wie die Seitenhiebe gegen die Larmoyanz der Männer, die sich über mangelnde Paarzeit und fehlenden Sex beklagen, aber Matze merkt zu Recht an: "Alleinerziehende Mütter wären froh über solche Probleme."

Das ist, neben den mitunter allzu geschrieben klingenden Dialogen, die von einigen Ensemblemitgliedern zudem gelegentlich mit seltsamer Betonung vorgetragen werden, eine klare Schwäche des Buchs, das in dieser Hinsicht seine Herkunft nicht verleugnen kann. Die Handlung wirkt konstruiert und weit weg vom Alltag eines Großteil des Publikums, und das nicht nur, weil mindestens zwei der drei Paare Spitzenverdiener sind: Bevor der Abend aus dem Ruder läuft, gelten Caros größte Sorgen dem vermeintlich depressiven Kaninchen ihrer Tochter sowie dem vor zwei Tagen abgelaufenen Haltbarkeitsdatum der kredenzten Hähnchenschenkel.

Dazu passt die Schlusspointe, als Matzes Exfreundin (Marleen Lohse) telefonisch berichtet, was sich vor zwei Jahren wirklich zugetragen hat. Khasin, einst durch seine jüdisch-palästinensische Tragikomödie "Kaddisch für einen Freund" (2012) bekannt geworden, hat zuletzt die Satiren "Das Unwort" (2020, ZDF) und "Blackout bei Wellmanns" (2024, ARD) gedreht, beide wegen ihrer einseitigen Figurenzeichnung nur bedingt geglückt. Das immerhin ist hier anders, zumal sich die Vorzeichen der Rollen mehrfach wandeln. Witzig ist auch das offenbar kurzsichtige und daher in der Wahl seiner Rammelpartner nicht gerade wählerische Haustier.