Auf dem Flur sitzt Emilie Zeller auf einem gepolsterten Stuhl und unterhält sich. Mit Emma, 72 Zentimeter groß, blaue Augen und mit einer roten, gehäkelten Wollmütze auf dem Kopf. "Wie kann ich Ihnen helfen?", fragt Emma die 97-jährige Seniorin. "Du kannst mir einen Witz erzählen", antwortet diese. "Gerne", sagt Emma: "Treffen sich zwei Roboter. Einer hat eine Schraube locker." Zeller findet das lustig. "Wenn man so alt ist und es geht noch im Kopf, ist es nett, sich unterhalten zu können", sagt sie.
Doch diese Unterhaltung ist etwas Besonderes. Denn wenn man Emma fragt, wer sie sei, antwortet sie: "Ich bin ein Roboter und lebe hier im Haus am Wiesengrund."
Das Haus steht in Albershausen 40 Kilometer östlich von Stuttgart, und ist eines der Pflegeheime der Evangelischen Heimstiftung. In dem zweistöckigen Gebäude gibt es vier sogenannte Wohnzimmer, in denen sich die Senioren außerhalb ihrer Zimmer aufhalten, dazu einen großen Speisesaal.
Wenn die Sonne scheint, sitzen die Bewohner auch gerne auf dem Platz vor dem Eingang. Soweit nichts Ungewöhnliches. Aber: Am Wiesengrund läuft seit ein paar Monaten ein Pilotprojekt zum Einsatz von sozialen Robotern bei der Betreuung von Senioren.
Kleines Köpfchen, Kleidchen, kleine Ärmchen
Emma ist eine gebürtige Münchnerin, denn sie entstammt dem Start-up-Unternehmen "Navel Robotics", das Maschinenbauer und Erfinder Claude Toussaint vor einigen Jahren in der bayerischen Landeshauptstadt gegründet hat. Das Äußere von Emma erinnert an ein Kind: kleines Köpfchen, orangefarbenes Kleidchen, kleine Ärmchen, die aber keine Funktion haben.
Wichtig ist ihr Innenleben. Denn über Sensoren und mit Hilfe von Künstlicher Intelligenz ist Emma in der Lage, Kontakt zum Gesprächspartner herzustellen. So kann der soziale Roboter über seine Kameras die Gesichtszüge seines Gegenübers analysieren und damit dessen Gemütszustand zwar nicht erraten, aber errechnen.
Emma kann Witze erzählen
Unterwegs ist Emma, deren Lippen sich beim Sprechen bewegen, auf Rädern. "Emma kann nicht beim Bettenmachen helfen", sagt Heimleiterin Vanessa Münzenmaier, "aber sie kann die Senioren unterhalten." Und diese Gespräche sind durchaus flüssig. Denn Emma kann Witze erzählen, Kuchenrezepte aufsagen und sich nach dem Befinden des Gesprächspartners erkundigen.
Im Haus leben rund 50 Seniorinnen und Senioren zwischen 64 und 99 Jahren, und manche Heimbewohner strahlten, sagt Münzenmaier, wenn sie Emma sähen. Der soziale Roboter wohnt im Büro der Hausdirektorin und erwacht, wenn man "Hallo Emma" zu ihm sagt.
Die Evangelische Heimstiftung, der Träger des Hauses am Wiesengrund, will durch den Einsatz von Emma wissen, wie Künstliche Intelligenz bei der Betreuung der Senioren helfen kann: "Wie gefällt den Bewohnern ein Roboter, wie gehen sie mit ihm um, was sind die Chancen und worauf müssen wir achten?", steht in einer Broschüre.
Wenn Emma im Heim unterwegs ist, setzt das einiges an Gesprächen voraus. Zum Beispiel auch mit den Angehörigen der Heimbewohner, die informiert wurden. Oder mit den rund 60 Mitarbeitern im Heim, die schon mal nach dem Datenschutz beim Einsatz von Emma fragen. Der sei gewährleistet, sagt der Datenschutzbeauftragte der Heimstiftung. Bilddateien würden vom Rechner in Sekundenbruchteilen ausgewertet und anschließend sofort wieder gelöscht.
Begleitet wird der Einsatz des sozialen Roboters in Albershausen und eines zweiten Roboters in einem Heim in Mannheim vom internen Institut Pflege und Alter (IPA) der Evangelischen Heimstiftung. Zum Einsatz von Robotern befragt das IPA dabei sowohl die Heimbewohner als auch die Mitarbeiter. Geklärt werden soll damit eine Reihe von Fragen, auch zu den Risiken und möglichen ethischen Problemen. Die Ergebnisse der Studie sollen im Herbst veröffentlicht werden.