Konfettiregen, knallende Sektkorken, kirchliche Prominenz und ein Druck auf den elektrischen "Buzzer": Ein Dreivierteljahr ist es her, dass die Evangelische Kirche der Pfalz ihr Projekt zur Mitgliederkommunikation "Philippus" mit einer Party in Germersheim startete. 13 Pilotgemeinden und die Kirchenbezirke Germersheim und Neustadt waren es zunächst, die auf digitalem Wege die Menschen "auf ihrer Lebensreise begleiten" wollten, wie Projektleiterin Celina Sturm vom Medienreferat in Speyer sagt. Die Kirchenmitglieder erhalten Glückwünsche zum Geburtstag, zur Trauung, zur Geburt eines Kindes oder auch, wenn sie nach einem Umzug neu in ihrer Gemeinde sind.
Nach Anlaufproblemen kommt "Philippus", für das die pfälzische Landessynode zuletzt insgesamt 1,4 Millionen Euro bis zum Jahr 2027 bewilligte, nun in Schwung, versichert Sturm. 25 Kirchengemeinden und "Kooperationszonen" - Zusammenschlüsse von Gemeinden - wollen bis zum Herbst dabei sein. Zum Ende des Projektzeitraums in drei Jahren sollen es 150 sein. Damit wäre die Fläche der Landeskirche abgedeckt. Die Idee von "Philippus" ist es, vor allem jene Mitglieder individuell anzusprechen, die der Kirche nur schwach verbunden oder gar auf dem Absprung sind. Das Konzept stammt aus der hessen-nassauischen Kirche, mit der die Landeskirche kooperiert.
Auf 80 Prozent der Kirchenmitglieder beziffert Projektleiterin Sturm diese Zielgruppe, zu der man bisher keinen oder kaum Kontakt gehabt habe. Durch die digitale Post wolle die Kirche sagen: "Hallo, wir sind da für Dich." Den automatisierten Mitteilungen liegen in einer Datenbank gespeicherte digitale Kontaktdaten wie Name, Geburtsdatum und E-Mail-Adresse zugrunde. Wer nicht digital vernetzt ist, bekommt Karten per Hauspost. Pfarrerin Almendra García de Reuter aus dem südpfälzischen Klingenmünster und ihre Mitarbeiterin Maria Büchler nutzen "Philippus" seit April - und sind begeistert.
Mit 150 Personen stehen sie derzeit digital in Kontakt. Mit herkömmlichen kirchlichen Angeboten, wie Gottesdiensten oder Gemeindefesten, würden immer weniger Kirchenmitglieder erreicht, berichtet García, die auch Kommunikationswissenschaftlerin ist. Die meisten Menschen freuten sich, wenn sich die Pfarrerin, der Pfarrer oder jemand aus der Kirchengemeinde bei ihnen melde, versichern García und Büchler. Dies signalisiere: "Die Kirche denkt an mich, ich bin wichtig." Der "positive Kontakt" sei wertvoll für die Kirche, die die Menschen einladen, aber nicht vereinnahmen wolle.
Ob über die Kontaktaufnahme hinaus "etwas passiert, muss der Heilige Geist machen", sagt Pfarrerin García. Wichtig sei es, dass die Kirche mehrgleisig fahre, um distanzierte Menschen zu erreichen: Digital über "Philippus", über Gemeindebriefe und auch über neue Angebote wie etwa einen Brunch-Gottesdienst. Yannik Nau findet es auf jeden Fall "ganz cool, von der Kirche Infos zu bekommen, die ich sonst nicht bekommen würde". Nach der ersten "Philippus"-E-Mail hat sich der 25-Jährige aus Klingenmünster für weitere Kontakte angemeldet. Es sei gut, dass die Kirche endlich junge Leute besser in den Blick nehme, sagt er. Konkrete Wünsche an seine Kirche hat der Hobby-Fastnachter Nau, der nur "ab und zu in die Kirche geht", nicht: "Aber der Karnevalsgottesdienst mit Pfarrerin García war richtig gut."
Auch für Jürgen Schaaf vom Gemeindepädagogischen Dienst in Germersheim ist "Philippus" ein Türöffner "zu den Menschen, die wir noch nicht erreichen". Derzeit erprobt er eine Smartphone-App für das Dekanat. Kirchenpräsidentin Dorothee Wüst sieht in der digitalen Mitgliederkommunikation die Chance, ganz anders mit Menschen in Beziehung zu treten und ihnen zu zeigen, dass man sie "auf dem Schirm" habe: "Und zwar in erster Linie als Gotteskinder, nicht als Kirchensteuerzahler."