Jugendliche im Unterricht
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Deutsche Jugendliche finden laut einer Umfrage, dass etwa zu wenig für Bildung von Kindern und Jugendlichen getan wird. Die Folge: ein großes Ungerechtigkeitsempfinden.
Umfrage unter jungen Menschen
Jugendliche klagen über zunehmende Ungerechtigkeit
Die junge Generation sorgt sich um die Gerechtigkeit im Land. Dabei fühlen sich viele von der Politik übersehen, heißt es in einer neuen Studie. Viel hängt dabei vom sozialen Status der Familien ab.

Junge Menschen sehen einer Umfrage zufolge gerechte Lebensverhältnisse in Deutschland bedroht. So finden jeweils mehr als 60 Prozent, dass zu wenig für Rentner, gleiche Lebensbedingungen und die Bildung von Kindern und Jugendlichen getan wird, heißt es in einer am Dienstag in Berlin vorgestellten "Gerechtigkeitsstudie" der Universität Bielefeld.

Studienleiter Holger Ziegler betonte, "die Vorurteile gegenüber der jungen Generation, diese würde sich nur für sich selbst interessieren, können in unserer Studie keinesfalls bestätigt werden". Dabei gebe es je nach sozialem Umfeld große Unterschiede, wie Kinder und Jugendliche Fairness in Deutschland wahrnehmen, betonte der Professor für Soziale Arbeit am Fachbereich Erziehungswissenschaft der Universität Bielefeld.

Für die repräsentative Studie "Wie gerecht ist Deutschland" wurden den Angaben zufolge 660 Kinder im Alter von sechs bis elf Jahren und 570 Jugendliche im Alter zwischen 12 und 16 Jahren online befragt. Die Umfrage lief im Auftrag der Bepanthen-Kinderförderung der Bayer Vital GmbH im November und Dezember vergangenen Jahres.

Mehr als drei Viertel der Jugendlichen in Deutschland fühlen sich demnach von der Politik übergangen. Trotz des Aufkommens von Bewegungen wie "Fridays for Future" hätten 78 Prozent den Eindruck, machtlos zu sein und nicht beachtet zu werden. 72 Prozent der Jugendlichen seien davon überzeugt, dass sich Politiker:innen in Deutschland nicht viel darum kümmern, was Jugendliche denken. Mehr als die Hälfte, (57 Prozent) spreche der Politik sogar das Bemühen ab, die wichtigsten Probleme der Gesellschaft lösen zu wollen.

Ziegler sprach von einem beunruhigenden Befund. In wesentlichen Fragen herrsche bei den jungen Menschen Konsens, unabhängig vom sozioökonomischen Status und der eigenen Lebenssituation.

Bernd Siggelkow, Gründer und Leiter des Kinder- und Jugendwerks "Die Arche", bestätigte aus der Praxis, dass Kinder sich zunehmend ungerecht behandelt fühlten. Sie erlebten viel Pessimismus, weil sie ungerecht aufwachsen würden. Dieses Ungerechtigkeitsempfinden mache die Kinder auch gewaltbereiter, sagte der Pastor und Sozialarbeiter: "Wir sind immer wieder ganz konkret gefragt, gegen das Gefühl der Unsichtbarkeit bei Kindern und Jugendlichen anzuarbeiten."

Ziegler zufolge haben die Eltern auch einen Einfluss darauf, wie Kinder Deutschland wahrnehmen. Eine Studie mit Ergebnissen der Eltern soll deshalb im kommenden Jahr folgen. So würden Jugendliche aus Familien mit einem niedrigen sozioökonomischen Status weitaus mehr Handlungsbedarf für Politik und Gesellschaft sehen. Der soziale Status definiert sich demnach unter anderem über die Selbsteinschätzung der persönlichen Situation und der eigenen finanziellen Lage im gesellschaftlichen Vergleich sowie über den Bildungsabschluss der Eltern.