Die Zahl politisch motivierter Straftaten ist 2023 erneut gestiegen. 60.028 Fälle wurden registriert, wie aus der am Dienstag von Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) und dem Präsidenten des Bundeskriminalamts (BKA), Holger Münch, in Berlin präsentierten Statistik hervorgeht. Das sind fast zwei Prozent mehr als 2022.
"Das sind Taten, die sich gegen unsere offene und freiheitliche Gesellschaft richten. Es sind Taten, die sich vielfach gegen die Menschenwürde richten und gegen unsere Demokratie", sagte Faeser. Sie hob insbesondere die zunehmende Gewalt gegen Politiker hervor und forderte "ein deutliches Stoppsignal gegen Bedrohung und Gewalt" durch schnelle und spürbare Strafen und deutlich weniger Verfahrenseinstellungen. Die Innenministerin sieht hier auch die Justiz in der Verantwortung.
Die meisten politisch motivierten Straftaten 2023 sind dem rechtsextremen Spektrum zuzuordnen. Hier sind die Fälle um mehr als 23 Prozent auf 28.945 gestiegen.1.270 dieser Fälle waren Gewaltdelikte wie Körperverletzungen oder versuchte Tötungsdelikte, das entspricht einem Anstieg von mehr als acht Prozent gegenüber dem Vorjahr. Um rund elf Prozent auf 7.777 gestiegen ist die Zahl linksextrem motivierter Straftaten.
Gründe im Krieg in der Ukraine und Nahostkonflikt
Auch die Straftaten in den Kategorien "ausländische Ideologie" und "religiöse Ideologie" sind laut der Kriminalitätsstatistik angestiegen, um 33 Prozent und rund 200 Prozent. Einen Rückgang gab es in der Rubrik "sonstige Zuordnung" von 24.080 auf 16.678 Delikte. In dieser Kategorie registrierten die Behörden vorwiegend Straftaten im Kontext der Proteste gegen die Corona-Maßnahmen.
Gründe für den Anstieg der politisch motivierten Straftaten sehen die Behörden auch in dem Krieg in der Ukraine und dem Nahostkonflikt. "Der 7. Oktober war für Jüdinnen und Juden eine tiefe Zäsur - auch in Deutschland", sagte Faeser. Antisemitische Straftaten haben sich mit 5.146 gegenüber dem Vorjahr fast verdoppelt. Der massive Anstieg der Gesamtzahl ist laut den Behörden vor allem auf die Zunahme der Fälle nach dem Angriff der Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023 zurückzuführen.
Auch die Opferberatungsstellen, die am Dienstag ihre eigene Bilanz rechter, rassistischer und antisemitischer Gewalt vorlegten, verzeichneten einen Anstieg von antisemitisch motivierten Angriffen. 2023 hat der "Verband der Beratungsstellen für Betroffene rechter, rassistischer und antisemitischer Gewalt" (VBRG) 318 solcher Angriffe registriert, 2022 waren es noch 201. Antisemitisch motivierte Körperverletzungsdelikte haben sich verdreifacht, Bedrohungen und Nötigungen nahezu verdoppelt.
Insgesamt zählte der Verband, der für die Statistik Zahlen aus elf Bundesländern berücksichtigt, 2.589 rechte, rassistische und antisemitische Angriffe und damit einen Anstieg von 20 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Die häufigsten Straftatbestände im Jahr 2023 waren Körperverletzungen, Nötigungen und Bedrohungen. Rassismus bleibt laut der Statistik der Beratungsstellen das häufigste Tatmotiv. Die Anzahl rassistischer Angriffe ist um 33 Prozent gestiegen.