In einem Beitrag für die in Berlin erscheinende Zeitschrift "Zeitzeichen" schreibt der Bischof der Evangelischen Landeskirche in Württemberg, bilderstürmerischer Eifer habe noch nie ein Problem gelöst. Hintergrund sind aktuelle Vorschläge, die bis zur Abschaffung des Gottesdienstes am Sonntagmorgen reichen. Etwa drei Prozent der evangelischen Kirchenmitglieder besuchten in der Regel den Sonntagmorgengottesdienst, nur an besonderen Tagen wie bei Konfirmationen oder beim Erntedankfest seien es deutlich mehr.
Dem stehen laut Gohl die Ressourcen gegenüber, die die Kirchengemeinden für die regelmäßige Feier einsetzen, etwa Pfarrer, Kirchenmusiker, Mesnerinnen und Mesner sowie Energiekosten. Verwiesen werde in den Debatten vor allem auf das veränderte Freizeitverhalten und die Form des Gottesdienstes: Sie sei zu traditionell und entspreche nicht mehr dem Musikgeschmack und den Kulturbedürfnissen der Mehrheit.
Viele Kirchengemeinden hätten in den vergangenen 30 Jahren Zweitgottesdienste entwickelt, zu anderen Uhrzeiten am Sonntag oder Samstag, schreibt Gohl weiter. Sie integrierten alternative liturgische Elemente und einen anderen Musikstil. Viele dieser Angebote seien aber mittlerweile selbst in die Jahre gekommen und keine echte Alternative mehr. Auch am Sonntagmorgen sei das Musikangebot breiter geworden, von der Lobpreisband bis zur Taizé-Gruppe.
Die Zunahme von Zielgruppengottesdiensten, warnt der Bischof, verstärke die Zentrifugalkräfte und bringe die Gefahr, die christliche Gemeinschaft aufzulösen. In Zeiten kommunikativer Vereinzelung und grassierender Partikularinteressen in Gemeinden sei das "kein beruhigender Befund". Den Sonntagsgottesdienst leichtfertig aufzugeben, "wäre ein Verhängnis, ihn nicht weiter reformieren zu wollen, ebenfalls". Der leitende Geistliche erinnerte an "viele Menschen, die diese Gottesdienste mit viel Kompetenz und Engagement vorbereiten und gerne feiern".