Zu den vertrauten heimatlichen Klängen gehört für viele Menschen das Glockenläuten. Wer im Urlaub ist oder weit entfernt von der Heimat lebt, kann sich die vertrauten Klänge digital ins Wohnzimmer holen. Möglich macht dies das Projekt "createsoundscape" von evangelischer und katholischer Kirche. Besonders viele Zugriffe seien in der Urlaubszeit zu verzeichnen, sagt der Leiter der Erzbischöflichen Glockeninspektion des Erzbistums Freiburg, Johannes Wittekind, dem Evangelischen Pressedienst (epd).
Warum auf das Angebot besonders im Sommer aus dem europäischen Ausland nachgefragt sei, werde allerdings nicht erfasst. Neben Menschen, die sich nach vertrauten Klängen sehnten, könnten dies Touristen sein, die sich über Sehenswürdigkeiten in Deutschland informieren wollen, vermutet Wittekind. Auch an Weihnachten seien überdurchschnittlich viele Zugriffe zu verzeichnen. In diesen Tagen feiert die 2019 gestartete Kampagne eine Wegmarke. Um Pfingsten würden die Glocken der 5.000. Kirche online gestellt werden, erwartet Wittekind. Bislang stammen die meisten Einträge aus Deutschland oder Österreich.
Zu hören sind beispielsweise die Freiheitsglocke des Rathauses in Berlin-Schöneberg oder der "Dicke Pitter" im Kölner Dom. Zu finden seien aber auch Glocken aus Schweden, Lettland oder Malta. Ziel des federführenden Beratungsausschusses für das Deutsche Glockenwesen sei es, alle etwa 100.000 kirchlichen und weltlichen Glocken in Deutschland zu erfassen. "Wir wollen die deutsche Glockenlandschaft in Gänze abbilden, nicht nur die prächtigen Domgeläute, sondern auch die kleinen Geläute auf den Dörfern", erklärt Wittekind: "Die Besonderheit einer Kirche wird auch über den Klang verdeutlicht."
Er wünsche sich, dass auch Glocken von nicht mehr genutzten Kirchen reaktiviert würden. Sie rückten die Gotteshäuser ins Bewusstsein der Menschen. Die Glockendatenbank könnten auch Städte oder Touristikverbänden nutzen und die Daten verlinken. Gerade bei Kirchen und Glocken lasse sich "Akustisches wunderbar mit Sichtbarem verbinden". Für den Initiator der Kampagne und Leiter des Glocken- und Orgelprüfungsamts der Evangelischen Landeskirche in Baden, Martin Kares, sind Glockenklänge nicht nur ein Symbol für Heimat, sondern auch ein wichtiges kulturelles Erbe.
Während heute viele Menschen Neuigkeiten über die Sozialen Medien wie WhatsApp oder TikTok erhielten, hätten früher Glocken über Wichtiges informiert: "Sie läuteten als Zeitansage, kündeten Ereignisse wie Markt oder Gericht an, warnten bei Feuer oder anderen Gefahren und riefen zu Gottesdienst und Gebet."
Bei der Erstellung des Glocken-Wikis #createsoundscapes setzt Kares vor allem auf Schülerinnen und Schüler, Ministranten, Konfirmanden oder Jugendgruppen. Sie könnten Film-, Foto- und Audioaufnahmen von den Glocken in ihren Heimatorten oder Stadtteilen machen und mit Angaben zu Material, Geschichte sowie Alter der Glocken auf der Internetseite hochladen.