Seit November 2023 ist Thomas Prieto Peral als Regionalbischof von München und Oberbayern zuständig für sieben Dekanate mit 150 Gemeinden. Bald könnten es ein paar mehr sein: Elf Dekanate mit 247 Gemeinden würde der künftige Kirchenkreis Süd - so der Arbeitstitel - umfassen, wenn es nach den aktuellen Plänen geht. Eine Sichtung der Aufgaben werde dann "unbedingt nötig" sein, sagt Prieto Peral im Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst (epd).
epd: Herr Regionalbischof, Fusionsprozesse sind meist sehr emotional: es geht um Tradition, Selbstverständnis und die Sorge, zu kurz zu kommen. Wie wollen Sie mit solchen Reaktionen umgehen, wenn die Kirchenkreise München und Augsburg in recht naher Zukunft zusammengelegt werden?
Thomas Prieto Peral: Die Struktur der Landeskirche war immer veränderlich, je nachdem, was die Situation erfordert hat. 1920 gab es nur die Kirchenkreise Ansbach, Bayreuth und München. Aus diesen drei entwickelten sich später Nürnberg, Regensburg und als letztes 1971 Augsburg. Dafür wurde der Kirchenkreis München geteilt und Augsburg zum Regionalbischofssitz - einfach, weil die Kirche in Südbayern damals so gewachsen war. Die Struktur war also immer in Bewegung. Neu ist nur die Richtung hin zur Fusion.
Zudem ist ein Kirchenkreis keine eigene Verwaltungsebene mit eigenen Gremien, sondern nur der Zuständigkeitsbereich eines Oberkirchenrats, der vor allem mit der mittleren Ebene der Dekanatsbezirke zu tun hat. Emotional ist diese Fusion also eher für die Dekane oder die Landessynodalen der beiden Kirchenkreise. Auf Gemeindeebene wird das nicht so eine große Rolle spielen - zumal die Kirchenkreise künftig auch keine Städte als "Sitze" mehr im Namen führen werden.
Beratungsgruppe diskutiert bis zur Herbstsynode mögliche Variablen
Der Landesbischof hat bei der Synode in Coburg bekannt gegeben, dass München und Augsburg als erstes zusammengelegt werden. Ist das jetzt schon fix?
Peral: In Coburg hat der Landeskirchenrat seine Position öffentlich gemacht. Einige Synodale haben daraufhin beantragt, stärker in den Prozess einbezogen zu werden. Nun gibt es eine kleine Beratungsgruppe, die bis zur Herbstsynode mögliche Variablen diskutiert und einen Realitäts-Check vornimmt. Dadurch wird das Modell womöglich verfeinert - dass sich grundlegend am Plan, von sechs auf vier Kirchenkreise zu gehen, etwas ändert, kann ich mir nicht vorstellen.
Der neue Kirchenkreis Süd wird, sollte es beim jetzigen Plan bleiben, 150 plus 97 Gemeinden, also 247 Gemeinden haben. Wie soll ein Regionalbischof schaffen, wofür bislang zwei da waren? Muss sich der Aufgabenzuschnitt ändern?
Peral: Eine Sichtung der Aufgaben wird unbedingt nötig sein. Wichtiger noch als die Zahl der Gemeinden ist für den Regionalbischof die Zahl der Dekanatsbezirke. Das werden - abzüglich des Dekanats Donauries, das zum Kirchenkreis Regensburg kommen soll - dann elf sein, wobei das Dekanat München wegen seiner Größe nochmal in sechs Pro-Dekanatsbezirke unterteilt ist. Dann ist es nicht mehr möglich, dass jeder Fortbildungsantrag zur Kontrolle über meinen Tisch geht - da brauchen die Dekanate mehr Kompetenz für abschließende Entscheidungen.
Rückkehr zur Gruppenordination bei Ordinationsgottesdiensten
Die drei großen Aufgaben eines Regionalbischofs sind für mich: Personalentwicklung, also Stellenbesetzung, Ordination und Konfliktlösung; Unterstützung der mittleren Ebene bei der Gemeindeentwicklung; und öffentliche Repräsentanz mit theologischer Schwerpunktsetzung durch Vorträge und Predigten. Bei den Ordinationsgottesdiensten sind mehr als sechs bis acht pro Halbjahr nicht machbar. Wenn es also in einem Jahr viele sind, werden wir wieder zur Gruppenordination zurückkehren - so war das früher ja auch.
Augsburg oder München - wo liegt Ihr künftiger Dienstsitz?
Peral: Ich bin da ganz offen, beides hat Vor- und Nachteile. Wir müssen pragmatisch schauen, von welchem Ort aus sich meine Präsenz im Kirchenkreis am besten organisieren lässt. Wir werden die Fahrtzeiten berechnen und auch die Stimmen der Teams hören. Eine Doppelstruktur beizubehalten spart nichts und ist deshalb nicht sinnvoll.
Was verbindet Sie persönlich mit Bayerisch-Schwaben?
Peral: Ich bin oft im Allgäu für Fahrradtouren oder um Freunde zu besuchen. Die Landschaft ist fantastisch und ich mag die entspannte Lebensart. Die Schwaben sind auf eine liebenswerte Art bescheiden.
Während die älteste evangelische Kirche in Oberbayern grade mal 200 Jahre alt ist, finden sich in Schwaben viele Orte mit stolzer lutherischer Tradition. Worauf freuen Sie sich?
Peral: Ich bin ein Münchner Kind, für mich ist es normal, dass eine evangelische Kirche maximal 70 Jahre alt ist. Deshalb finde ich das protestantische Selbstverständnis der freien Reichsstädte in Schwaben eindrucksvoll und werde mich dieser großen evangelischen Geschichte mit allem Respekt nähern. Wittenberg und Augsburg sind die zwei Städte, die für Lutheraner weltweit prägend sind. Ich fände es toll, wenn der Lutherische Weltbund 2030, im Jubiläumsjahr der Confessio Augustana, in Augsburg tagen würde. Und zwar nicht nur unter einem historischen Blickwinkel, sondern mit dem Blick nach vorn, Richtung Zukunft.
Was haben Lindau ganz im Westen und Burghausen ganz im Osten des künftigen Kirchenkreises Süd gemeinsam?
Peral: In Lindau treffen sich jedes Jahr die Nobelpreisträger, man schaut Richtung Schweiz - Burghausen hat eine beeindruckende Burg und ein renommiertes Jazzfestival, man schaut Richtung Österreich. Beide Städte haben nichts mit einer Grenz- oder Randlage zu tun. Es sind Orte, an denen sich Horizonte öffnen.