Mehr als die Hälfte seines Lebens verbringt der Mensch mit Arbeiten. Am Anfang des Berufslebens meist noch hoch motiviert, alles ist neu und aufregend, doch am Ende des Berufslebens: ausgelaugt und fast zu müde für den Ruhestand. "Um das ganze Leben gut und gesund gestalten zu können, macht es Sinn über eine generelle Arbeitszeitverkürzung nachzudenken", sagt Angelika Kähler vom Kirchlichen Dienst in der Arbeitswelt (KDA).
Wenngleich der Arbeitsmarkt aktuell arbeitnehmerorientiert sei - junge Menschen also die Wahl haben, sehe die Prognose für Menschen, die den Großteil ihres Berufslebens noch vor sich haben, insgesamt alles andere als rosig aus. Rente frühestens mit 70 und womöglich während der Berufstätigkeit zu wenig Zeit, um das Leben danach sinnvoll vorzubereiten.
Kähler beschäftigt sich mit dem Thema Arbeit und Gesundheit und ist im regelmäßigen Austausch mit Betriebsräten und Gewerkschaften. Dabei nimmt sie ganz besonders die sogenannte "Generation Z" in den Blick. Die hat ihrer Meinung nach etwas Wichtiges erkannt: "Diese Generation möchte zurecht in der Gegenwart leben und nicht ihre Träume, so wie es die Älteren oft gemacht haben, auf später verschieben, wenn sie in Rente sind." Im Hier und Jetzt leben und die Work-Life-Balance ernst nehmen, habe Priorität. Denn was bringt der Ruhestand, wenn zur Gestaltung keine Kraft mehr da ist.
"Generation Z" nimmt frühzeitig wahr, wo sie Belastungen sieht
Dieses Umdenken der "Generation Z" sei nicht durch politisches Handeln oder gesellschaftliche Normen begründet, erklärt Arbeitssoziologe Wolfgang Menz von der Universität Hamburg. "Statt den Blick auf die strukturellen Krisenursachen zu richten, wird die Ursache in den subjektiven Werthaltungen gesucht", sagt Menz.
Auffällig sei dabei nicht etwa eine sinkende Arbeitsmoral, sondern "die vermehrte öffentliche Artikulation von Sorge um die Leistungsbereitschaft", bemerkt Menz. Die "Generation Z" sei in der Lage, schon frühzeitig wahrzunehmen und auszusprechen, wo sie mögliche Belastungen sieht. Das sei typisch für gesellschaftliche und ökonomische Krisensituationen, sagt der Soziologe.
Eine weitere Ursache dieses Trends sieht er in der Arbeitsmarktsituation, die sich in den vergangenen Jahrzehnten deutlich verändert hat. "Einerseits sind die Arbeitsmarktbedingungen für sie deutlich besser, als für die vorangegangenen Generationen", betont Menz. Andererseits wisse sie durch ihre Vorgenerationen, welche gesundheitlichen und insbesondere psychischen Folgen eine hohe Belastung bei der Arbeit haben kann.
Von dem Wunsch der "Generation Z" gesund in Rente gehen zu wollen, "können wir uns alle eine Scheibe abschneiden", sagt Kähler. Der Wandel, der gerade passiert, kann eine Chance sein, gesamtgesellschaftlich die Frage nach einem angemessenen Umgang mit Arbeit neu zu stellen. "Es muss viel mehr Gesundheitsförderung geleistet und auf eine gute und auskömmliche Personalsituation geachtet werden." Zudem sollte vermieden werden "junge, weniger gut ausgebildete Leute im Zweifel auf der Strecke zurückzulassen", ergänzt Kähler.
Wolfgang Menz zieht ein noch weitreichenderes Fazit: "An Motivation und Bereitschaft mangelt es nicht." Der gegenwärtige Fachkräftemangel habe andere, hauptsächlich demographische, Ursachen. "Für die ist die 'Generation Z' weder verantwortlich noch kann sie diese einfach beheben."