KiHo Wuppertal mit Studenten
KiHo Wuppertal
Die Student:innen an der Kirchlichen Hochschule Wuppertal fürchten, dass ihre Ausbildungsstätte Opfer von Sparmaßnahmen wird.
Das Hogwarts der Theologie
Steht die KiHo auf der Kippe?
Die Evangelische Kirche leidet unter Personalnot bei den Pfarrstellen und muss kreativ werden. So hat die Kurhessische Kirche auf ihrer Frühjahrssynode ein "Arbeitsmodell der Zukunft" vorgestellt, nach dem Mitarbeiter:innen aus anderen Bereichen Aufgaben übernehmen, die bis dato den Pfarrer:innen oblag. Der Nachwuchs sollte angesichts dieser Faktenlage gefördert werden. Statt dessen müssen immer wieder renommierte Ausbildungsangebote um ihre Finanzierung fürchten. Die Kirche muss sparen. Das erlebt nun auch die Kirchliche Hochschule Wuppertal (KiHo).

Die Studierenden an der Kirchlichen Hochschule Wuppertal lieben ihre Schule. Hier wird noch der menschliche Umgang gepflegt und die Dozenten sind nahbar, heißt es. Man kennt und schätzt sich. Doch seit einiger Zeit sind die Studierenden in Aufregung und fürchten um die Zukunft ihrer Hochschule. Das Gerücht macht die Runde, dass die Finanzierung wackelt und die Schule abgewickelt werde. Brandbriefe waren im Umlauf und die höheren Semester rieten den jüngeren: Schau dich schon mal nach einem neuen Studienplatz um. Von all dem ist mittlerweile zwar nicht mehr die Rede, aber beruhigt sind Student:innen und Dozent:innen dennoch nicht.

Finanziert wird die Schule vor allem von der Evangelischen Kirche in Rheinland (EKIR), im geringeren Umfang von der Evangelischen Kirche in Westfalen (EKvW). Anfang April wurde bekannt, dass kurzfristig eine Sondersynode der EKIR ansteht, die über die Zukunft der Hochschule entscheidet.

Unter den Studenten hieß es, dass die Kirche in Westfalen die Trägerschaft beenden werde, die EKIR sich deswegen unter Zugzwang sehe. Denn Regelungen in diesem Fall sehen vor, dass der verbleibende Träger die Abwicklung und deren Finanzierung alleine bewerkstelligen muss. Vor diesem Szenario sei die Evangelische Kirche im Rheinland zurückgeschreckt, sagt Lukas Jaedicke, Konventspräsident der Kirchlichen Hochschule Wuppertal. Auf die Frage, was am Gerücht dran sein, sagt Wolfram Scharenberg, Pressesprecher der Kirche in Westfalen (EKvW): "Wir beraten sicher künftig über Einsparungen. Aber nicht speziell über die KiHo." Neue und gute Nachrichten für die Student:innen. "Aber offiziell ist das noch nicht", sagt Jaedicke. Auch steht schließlich die Sondersynode der EKIR nicht ohne Grund an. 

Eine Entwarnung klingt anders

Frank Grünberg, Pressesprecher von der Kirchlichen Hochschule Wuppertal will beruhigen: "Die Zukunft der Hochschule steht nicht auf der Kippe. Was stimmt, ist, dass die Synode über das Thema berät." Offiziell heißt es in einer Stellungnahme der Kirchlichen Hochschule: "Die Kirchenleitung der Evangelischen Kirche im Rheinland hat einen Prozess angestoßen, der bis zu einer Sondersynode der Evangelischen Kirche im Rheinland am 6. und 11. Juni 2024 in eine grundlegende Entscheidung münden soll, ob beziehungsweise wie die rheinische Kirche ihr Engagement an der Kirchlichen Hochschule fortsetzen will." Eine Entwarnung klingt anders.

Die Kirchenleitung im Rheinland will in den kommenden Wochen mögliche Zukunftsszenarien für die Kirchliche Hochschule Wuppertal entwickeln, die der Synode vorgelegt werden. Die Kirchliche Hochschule sei in diesen Prozess einbezogen. Drei Modelle stehen zur Auswahl, berichtet Lukas Jaedicke. Entweder die Schule wird weiter geführt, so wie sie ist, oder sie wird geschlossen und abgewickelt. Das dritte Modell sieht die Stiftung von drei bis vier Professuren vor, "mit denen zukunftsweisende Theologie betrieben wird", so Jaedicke. Es gäbe auch noch ein viertes Modell, das noch nicht spruchreif sei.

Der Campus der Evangelischen Hochschule Wuppertal.

Alexander Ernst, Prorektor der Kirchlichen Hochschule Wuppertal wird in der Stellungnahme zitiert: "Wir begrüßen, dass die Kirchenleitung der Evangelischen Kirche im Rheinland einen strukturierten Prozess zu den Perspektiven unserer Hochschule eingeleitet hat, der Planungssicherheit für die Lehrenden und Mitarbeitenden in Verwaltung und Technik schaffen soll. Wir begrüßen auch, dass die Kirchenleitung die Diskussion und Entscheidung in die Hand der Landesynode gibt. Da dieser Prozess schon Anfang Juni 2024 zu einer Grundsatzentscheidung in einer Sondersynode führen soll, hoffen wir, dass die Kirchliche Hochschule bald wieder nach vorn blicken, ihren Mitgliedern ein verlässlicher und künftigen Studierendengenerationen ein starker Ort für das Studium der evangelischen Theologie sein kann. Über die zu erwartenden Fortschritte und Entscheidungen wird das Rektorat der Kirchlichen Hochschule Wuppertal alle Mitglieder der Hochschule so früh wie möglich informieren."

Student:innen und Angestellte wollen sich nicht damit abfinden

Anke Stock-Häger ist im ersten Semester und begeisterte Neu-Studentin an der Hochschule. "Ich habe gerade angefangen, aber kann jetzt nicht mehr in die Zukunft planen", sagt sie. "Dieser Schwebezustand ist furchtbar." Sie und 75 ihrer Kommiliton:innen , Mitarbeiter:innen der Hochschule und Lehrkräfte trafen sich kürzlich bei einer offenen Veranstaltung zum Austausch. "Wir haben immer noch nichts schwarz auf weiß", so Jaedicke. "Wir wissen nicht, ob die Rheinische Kirche nicht doch eine Abwicklung präferiert." Damit abfinden wollen sich die Student:innen und Angestellte nicht. Sie nutzten den Abend und erarbeiteten eine Reihe von Argumenten, die für den Erhalt der Hochschule sprechen. Das wollen sie den Synodalen vorlegen.

Sunita Mut, vom Allgemeinen Studierendenausschuss (AStA) hat zu diesem Thema einiges zu sagen: "Studieren kann hier jeder. Auch finanziell Schwächere bekommen hier eine vernünftige Ausbildung." Die Hochschule steht im Erbe der "Barmer Theologischen Erklärung". Sie war das theologische Fundament der Bekennenden Kirche in der Zeit des Nationalsozialismus. Sunita Mut sieht hier auch die heutige Aufgabe ihrer Hochschule: Gerade in Zeiten des Populismus muss so ein Ort der unbequemen Theologie bestehen bleiben." Der kontroverse Austausch werde auf der KiHo besonders gepflegt. "Wir lernen hier die Diskussion mit Andersdenkenden, denn die theologischen Ansichten sind unterschiedlich. Das gibt uns sehr viel Praxis, die wir später im Pfarrberuf dringend brauchen", sagt Jaedicke. Die jungen Studierenden starten an der KiHo "voller Ideen und Hoffnungen", so der Konventspräsident. "Aber es gibt hier auch 45-Jährige, die das einfach schon immer machen wollten." Sunita Mut meint dazu: "Die KiHo ist ein Dorf, in dem Menschen mit dem gleichen Ziel leben. Wir lernen in kleinen Gruppen und helfen uns untereinander. Hier ist niemand alleine. Der optimale Einstieg in die Theologie." Das ist auch Frischling Anke Stock-Häger wichtig: "Das menschliche Miteinander ist unfassbar wichtig. Das darf nicht verloren gehen."

Kapelle der Kirchlichen Hochschule Wuppertal/Bethel.

Die Liste der Argumente betrifft nicht nur die Sozialkompetenz, auch wird der internationale Austausch geschätzt. Gerade seien Studierende aus Afrika und Asien im Austausch an der Hochschule. Auch habe die Schule noch das Promotions- und Habilitationsrecht. "Das würde eine neue Hochschule gar nicht mehr so bekommen", sagt Jaedicke. Und nicht zuletzt sei so eine Abwicklung sehr kostspielig.

Zu den besten Argumenten dürfte aber gehören, dass sich Studierende derart engagiert für ihre Hochschule einsetzen. Die KiHo sei mal das "Hogwarts der Theologie" genannt worden, sagt Jaedicke. Bleibt zu hoffen, dass sie sich niemals in ein fiktives Zauberinternat wie in den Harry Potter Romanen wandelt, sondern ein lebendiger Ort des Austausches bleibt, aus dem viele Pfarrer:innen hervorgehen, die das Gemeindeleben bereichern.