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25. April, ARD, 20.15 Uhr
TV-Tipp: "Amsterdam-Krimi: Blutige Diamanten"
Alle reden von künstlicher Intelligenz und der Möglichkeit, sogar Bewegtbilder täuschend echt zu fälschen. Es gibt aber auch eine ganz klassische Methode, Überwachungskameras oder eine Gesichtserkennungs-Software zu täuschen.

In einer Szene des achten "Amsterdam-Krimis" mit Hannes Jaenicke summt ein Mitglied des Ermittlungsteams die James-Bond-Melodie; tatsächlich liegt der Vergleich mit "Mission: Impossible" näher. Aber ob nun diese oder jene Filmreihe als Vorbild diente, ist aus Sicht von Alex Pollack völlig zweitrangig, als er eines Morgen zu seiner großen Verblüffung festgenommen wird: Der deutsche Polizist in Diensten der Amsterdamer Kripo ist offenkundig ein Raubmörder. Das kann und darf natürlich nicht wahr sein. Wie stets in solchen Fällen gibt es für ihn nur einen Weg, um seine Unschuld zu beweisen: Er muss den Fall auf eigene Faust lösen; und das geht natürlich nicht, solange er in Untersuchungshaft ist.

Nach dem Export von Giftmüll in "Der Dreck der Anderen" ist auch "Blutige Diamanten" ein Film mit einem relevanten Anliegen. Als Krimithema ist das nicht neu: Der Titel steht für Edelsteine, die unter menschenunwürdigen Bedingungen geschürft worden sind. Da mit dem Verkaufserlös oft Kriege oder andere blutige Auseinandersetzungen finanziert werden, zählen sie zu den sogenannten Konfliktrohstoffen. Um ihre Herkunft zu verschleiern, werden Zertifikate gefälscht. Sind die Diamanten einmal geschliffen, lässt sich nicht mehr feststellen, wo sie herkommen. Diese und weitere wichtige Hintergrundinformationen müssen im Verlauf des Films natürlich mitgeteilt werden, weshalb es regelmäßig zu kleinen Kurzvorträgen kommt, die aber flüssig in die Handlung integriert sind.

Pollack heuert unter falschem Namen bei einer Sicherheitsfirma an, die unter anderem die Räumlichkeiten einer angesehenen Diamantenschleiferei bewacht; Kripo-Teamleiter Bram de Groot (Fedja van Huêt) ist überzeugt, dass der von den Geschwistern Rebecca und Aaron (Sarah Melis, Eelco Smits) geführte Familienbetrieb Abrabanel illegal exportierte Rohdiamanten aus Sierra Leone schleifen soll. Prunkstück des Unternehmens ist ein kostbares Juwel, das den Namen "Tears of Mars" trägt. Um diesen Stein, der geschätzte 30 Millionen Euro wert ist, geht es natürlich auch, aber anders als in den "Pink Panther"-Komödien sind diese gut 16 Karat nicht der Motor der Handlung, sondern tatsächlich bloß ein Schmuckstück: Die Bilder der Überwachungskamera lassen keinen Zweifel daran, dass Pollack den Chef der Sicherheitsfirma erschossen und die Rohdiamanten aus dem Tresor geklaut hat. 

Das Drehbuch stammt von Thomas Kirchner. Das Genre Krimi ist für den Grimme-Preisträger ("Der Turm", 2013, ARD) natürlich nichts Neues, schließlich hat er mit den "Spreewaldkrimis" (seit 2006 im ZDF) eine der faszinierendsten Reihen im deutschen Fernsehen geschaffen und die Reihe mit dreizehn Drehbüchern bis zu seinem Rückzug 2021 geprägt. Markenzeichen der Filme sind die verschachtelte Erzählweise und die vielen Zeitsprünge. Dieses Schema hat Kirchner auch in "Blutige Diamanten" angewandt, wobei der Bildgestaltung (Felix Beßler) eine besondere Rolle zukommt: Um die Rückblenden innerhalb der langen Rückblende ("Zwei Wochen zuvor") kenntlich zu machen, wirken diese Aufnahmen entsättigt und unbunt. Die Kameraarbeit ist ohnehin vorzüglich; gerade die Farbgebung ist exzellent, und das nicht nur wegen des reizvollen Kontrasts zwischen goldenen Lichtinseln im Ausstellungsbereich der Abrabanels und den schwarzweißen Überwachungsbilder.

Regie führte wie bei "Der Dreck der Anderen" Almut Getto, deren zweiter "Amsterdam-Krimi" allerdings deutlich dichter und intensiver ist; anders als zuletzt gibt es diesmal keinerlei Leerlauf. "Blutige Diamanten" ist zwar trotz entsprechenden Potenzials ebenfalls kein Thriller, aber die Musik (Andreas Helmle) hält die Spannung hoch. Kapiteltrenner mit Aufnahmen glitzernder Glasfassaden und Panorama-Ansichten zeigen Amsterdam als moderne Metropole; vom Klischee der Grachtengemütlichkeit ist der Film weit entfernt. Das gilt auch für die bereits in der letzten Episode angerissenen Nebenebenen: Bram will den mutmaßlichen Maulwurf im Team mit Hilfe einer Psychologin aufspüren, deren Familienaufstellungen die Handlung um ein zumindest für Krimis ungewöhnliches Element bereichern, und auch Pollacks Beziehungsratschläge können nichts daran ändern, dass es in der Ehe seines Freundes kräftig kriselt. Endgültig ernüchternd ist die finstere Schlusspointe, die den Tod des Sicherheits-Chefs als grimmige Ironie des Schicksals entlarvt.