In den Wochen vor Pfingsten werden vielerorts Mädchen und Jungen konfirmiert. Knapp 80 Prozent der evangelischen Jugendlichen entscheiden sich dafür.
Rieke Strutzberg gibt den Einsatz vor- "und jetzt nach links", ruft die 16-Jährige durch den Altarraum der Jugendkirche Paulus in Bad Lauterberg im Harz. Vier ihrer Freundinnen laufen durch das sonst menschenleere Kirchenschiff und vorn bei Rieke beginnt ihr Tanz zu "Tohuwabohu Total". Noch übt das Team für den Motto-Gottesdienst "Bibi und Tina", der hier am 25. Mai stattfinden soll, dann vor vollem Haus. "Das wird unser Einstieg, die Kirche ist erst dunkel und dann, Bumm, geht es los", so stellt Rieke es sich vor, die auch zum Jugendkirchenvorstand in der Region gehört.
Seit gut vier Jahren gibt es im Harzer Land die Jugendkirche als innovatives Projekt. Hier sorgen zum großen Teil die Jugendlichen selbst dafür, dass diese auch mit Leben gefüllt wird - mit Unterstützung von Jugendpastor Simon Burger. Sie organisieren Events wie einen großen Abba-Gottesdienst mit damals mehr als 300 Besuchern oder jetzt "Bibi und Tina", engagieren sich bei Konficamps aber auch im Alltag im Jugendraum gleich neben der Kirche. Dabei geht es ihnen darum, selbst Spaß zu haben, das ist bei der Tanz-Probe für den Gottesdienst offensichtlich. Und sie wollen andere mitreißen - auch diejenigen, die in diesen Tagen und Wochen frisch konfirmiert werden.
Damit sind sie beispielhaft für Trends in der Konfirmandenarbeit, die auch die 3. Konfi-Studie beschreibt, die im Sommer publiziert werden soll. In Deutschland haben sich 2022 noch knapp 80 Prozent der evangelischen Jugendlichen in der entsprechenden Altersgruppe für die Konfirmation entschieden. Der Ludwigsburger Professor für Gemeindepädagogik Wolfgang Ilg als einer der Autoren sagt: "Die Konfirmandenarbeit ist mit das erfolgreichste, was die evangelische Kirche anbietet."
Doch auch hier gibt es einen schleichenden Traditionsabbruch, wie die Studie zeigt. So ist die Zahl der Jugendlichen, die sich für eine Konfirmation entscheiden, rückläufig. Für Jugendliche komme es vor allem auf die Haltung ihnen gegenüber an, sagt Ilg: "Erstens muss es den Jugendlichen Spaß machen. Und zweitens müssen sich die Jugendlichen ernst genommen fühlen." Das sieht der Dozent für Konfi-Arbeit am Religionspädagogischen Institut Loccum, Karsten Damm-Wagenitz, ähnlich. "Viele Jugendliche kommen, weil sie Gemeinschaft erleben wollen", sagt der Pastor.
Freiwilliger Gottesdienstbesuch für Konfirmand:innen
Auch aus solchen Beobachtungen heraus hat die hannoversche Landeskirche als größte evangelische Kirche in Deutschland ihre Empfehlungen überarbeitet. Lange galt, dass die Jungen und Mädchen eine bestimmte Anzahl von Gottesdiensten besuchen mussten, um zur Konfirmation zugelassen zu werden. Von einem solchen Druck sieht die neuste Empfehlung ab. Jetzt gelte es vielmehr, die Gottesdienste für Jugendliche attraktiv zu machen, sagt Damm-Wagenitz.
In Bad Lauterberg ist die Kirche mit Sound- und Lichttechnik ausgestattet. Mehrere Hits aus den Film-Geschichten vom Reiterhof rund um die Hexe Bibi und ihre Freundin Tina sollen beim Motto-Gottesdienst abgespielt und mit Tänzen begleitet werden, berichtet das Vorbereitungsteam. Unter anderem wollen Rieke als Bibi und Carolin Frank (16) als Tina in ihren Rollen kurze Predigten halten. "Dabei geht es um Botschaften wie Freundschaft oder Zusammenhalt, die ja auch christliche Themen sind", erläutert die 27-jährige Theologiestudentin Kim Krautz, die erste Entwürfe schon lesen durfte.
Viele der Jugendlichen, die sich an diesem Nachmittag rund um Kirche und Jugendtreff versammelt haben, kennen die Konfirmandinnen und Konfirmanden aus den Orten der Region, denn sie arbeiten als Teamer mit. Noch mehr waren dabei, als alle gemeinsam im vergangenen Jahr beim großen Konfi-Camp eine Woche lang mit den Gruppen unterwegs waren. Über die Event-Gottesdienste hat sogar das Fernsehen berichtet, erzählt Rieke. "Aber der stetige Aufbau des Jugendtreffs ist auch hier ein Problem."
Was sonst so los ist in der Region am Harzrand? Sonja Abendroth (18) lacht kurz auf. Schützenverein, Tanzclub - da endet ihre Aufzählung schon. Im kirchlichen Jugendraum laden gemütliche Sitzgruppen ebenso ein, wie Kicker und Billardtisch, auch Getränke und Knabberzeug stehen bereit. Es sieht aufgeräumt aus, nur wer die Erdnussflips in die Lakritz-Dose gemischt hat, weiß gerade niemand. Es lohnt sich, um Nachwuchs zu werben, sind sich hier alle einig: "So individuell können wir hier sonst an keinem Treffpunkt etwas machen."