Wohlfahrtsverbände haben die Ampel-Koalition vor einem Scheitern der Kindergrundsicherung gewarnt. "Die Kindergrundsicherung sollte wegen der Streitereien der Ampel nicht auf der Strecke bleiben", sagte Diakonie-Präsident Rüdiger Schuch dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (7.4.). "Das wäre für die betroffenen Kinder, die man besser absichern will, eine fatale Situation." Auch der Chef der Arbeiterwohlfahrt (AWO), Michael Groß, forderte eine "schnelle Lösung".
Der Diakonie-Präsident sagte der Zeitung "Die Welt", es müsse "eine barrierefreie Abrufbarkeit von Leistungen" geben. Grundsätzlich sei die Kindergrundsicherung "als Bündelung verschiedenster Leistungen richtig, damit Kinder aus der Armut herauskommen und Teilhabemöglichkeiten erhalten", sagte Schuch, der seit Anfang des Jahres als Präsident der Diakonie Deutschland an der Spitze des evangelischen Wohlfahrtsverbandes steht: "Und richtig ist auch, dass diese Leistungen des Staates so angeboten werden, dass Familien sie wahrnehmen, statt sie nicht zu nutzen, weil sie an der Beantragung verzweifeln."
Der evangelische Pfarrer Schuch forderte die Ampel-Koalition zudem auf, für sozial benachteiligte Kinder eine Kindergrundsicherung von mehr als 700 Euro pro Monat vorzusehen. "Die zur Verfügung gestellten Mittel reichen nicht aus, um Kinder aus der Armut zu holen und Teilhabe für alle zu ermöglichen", sagte er dem RedaktionsNetzwerk Deutschland. Er mahnte an, die Kindergrundsicherung als langfristige Investition zu sehen. "Auf lange Sicht ist es für den Staat viel günstiger, am Anfang in die Kinder zu investieren, als später draufzuzahlen, damit sich die Menschen in der Gesellschaft zurechtfinden."
Außerdem müssten Kinder im Asylsystem in die Kindergrundsicherung aufgenommen werden, sagte der Diakonie-Chef. "Kinder von Asylsuchenden aus der Kindergrundsicherung herauszunehmen, bedeutet eine Ungleichbehandlung. Das ist einer der großen Fehler bei dieser Reform und sollte im Gesetzesverfahren wieder rückgängig gemacht werden." Die Ampel hatte entschieden, dass Kinder von Asylantragstellern zunächst nicht von der Kindergrundsicherung profitieren sollen.
Automatisch, unkompliziert, unbürokratisch
Gestritten wird unter anderem über einen geplanten erhöhten Verwaltungsaufwand für die Umsetzung der Kindergrundsicherung. Die Rede war von 5.000 zusätzlichen Behördenstellen. Der Chef der Arbeiterwohlfahrt (AWO), Michael Groß, sagte den Zeitungen der Funke Mediengruppe (6.4.): "Für uns ist es nicht hinnehmbar, dass dieses wichtige Vorhaben nun durch einen Streit über Verwaltungsstellen weiter verzögert wird."
"Nur, wenn wir jetzt in Kinder und Familien investieren, können wir die Zukunft gerecht gestalten und sozialen Aufstieg ermöglichen", fügte der Co-Vorsitzende des AWO-Präsidiums hinzu: "Die Kindergrundsicherung muss endlich kommen, und sie muss automatisiert ausgezahlt werden", forderte Groß: "Wenn Menschen eine staatliche Leistung zusteht, haben sie auch Anspruch darauf, dass diese bei ihnen ankommt." Wichtig sei eine einfache Beantragung und schnelle, unkomplizierte und unbürokratische Verfahren.
Die Kindergrundsicherung gilt als die größte Sozialreform der Ampel-Koalition. Sie soll das Kindergeld, den Kinderzuschlag für einkommensarme Familien sowie die Sozialleistungen für Kinder bündeln. Für 2025 sollen 2,4 Milliarden Euro mehr im Haushalt des Bundesfamilienministeriums eingestellt werden. Bundesfamilienministerin Lisa Paus (Grüne) geht davon aus, dass im Jahr 2028 die Kindergrundsicherung insgesamt knapp sechs Milliarden Euro kostet.