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8. April, ZDF, 20.15 Uhr
TV-Tipp: "Der Millionen Raub"
Das hätte auch ein Thriller werden können: Als der Laderaum besonders gut gefüllt ist, überredet Geldtransportfahrer Omar seinen Kollegen Zlatko zum großen Coup. Acht Millionen Euro: So eine Chance wird sich den beiden nie wieder bieten. Ein subtil amüsanter Krimi findet Tilmann P Gangloff.

Omar will das Geld im Wald vergraben und warten, bis buchstäblich Gras über den Diebstahl gewachsen ist. Weil der ungestüme Kokainschnupfer Zlatko seinen Anteil sofort verlangt, schlägt Omar seinen besten Freund seit Kindheitstagen nieder und sperrt ihn kurzerhand in den Transporter. Jetzt steht der Komplize zwar mit leeren Händen da, kann aber immerhin Omar die ganze Schuld in die Schuhe schieben. Der wiederum hat auch nicht lange Spaß an seinem Reichtum, weil er kurz drauf der Polizei ins Netz geht. Außerdem schuldet er einem Mann, bei dem man keine Schulden haben möchte, sehr viel Geld, und dessen Einfluss reicht selbstredend bis ins Gefängnis.

"Der Millionen Raub" ist ein Film von Lars Becker, Schöpfer der ZDF-Reihen "Nachtschicht" und "Der gute Bulle" (beide mit Armin Rohde). Seine Krimis zeichnen sich nicht nur durch eine stets interessante Besetzung aus, sondern auch durch eine gern subtil amüsierte Umsetzung: Die Geschichten sind nicht lustig, handeln aber oft von Ganoven, die ein für ihre Verhältnisse viel zu großes Ding drehen wollen; so wie Omar (Karim Ben Mansur). Becker begleitet seine Antihelden ohnehin gern mit einer gewissen Sympathie; das gilt auch diesmal.

Omar ist jedoch nur zur Beginn die Hauptfigur der Geschichte, denn nach Raub und Verhaftung bestimmen vier Frauen den Fortgang der Handlung, wenn auch aus unterschiedlichen Motiven: Mutter Haifa (Inaam Al Battat), Ehefrau Malaika (Sabrina Amali) und Omars schwangere Freundin Chantal (Sina Tkotsch). Anwältin Alice (Anja Kling) will ihn davon überzeugen, mit der Staatsanwaltschaft zu kooperieren und das Versteck der Beute zu verraten, dann käme er bei guter Führung mit drei Jahren Haft davon; ansonsten würden es acht. 

Selbst die Juristin kann jedoch der Verlockung nicht widerstehen, als Omar ihr einen Anteil verspricht, wenn sie ihn aus dem Knast holt, und nun wird "Der Millionen Raub" endgültig zum Frauenfilm. War der erste Akt noch geprägt von Omar, Zlatko (Slavko Popadi?) und den Ermittlern vom BKA (Murathan Muslu, Lasse Myhr), so übernehmen nun die Mütter das Kommando; die Männer sind fortan nur noch Nebenfiguren. Zlatkos Mutter Dunja (Anica Dobra), Haifas beste Freundin, überredet ihren Sohn, Omar bei der Flucht zu helfen. Allerdings sind sich die Frauen nicht in allen Fragen einig: Während Malaika so schnell wie möglich ihren Mann zurückhaben will, damit der kleine Sohn nicht vaterlos aufwächst, ist Chantal vor allem auf das Geld aus; deshalb hat sie auch dafür gesorgt, dass Omar in Brasilien verhaftet worden ist. Die Aussicht auf Reichtum weckt jedoch auch bei anderen große Begehrlichkeiten, weshalb am Ende wie so oft in Beckers Krimis einige auf der Strecke bleiben. 

Der Regisseur hat seine Filme schon divers besetzt, als das für die Sender noch keinerlei Priorität hatte. Dabei hat er stets darauf geachtet, auf gängige Stereotype und Vereinfachungen zu verzichten. In diesem Film zeigt sich das an einem überraschenden Zweitjob Haifas: Eigentlich führt sie eine Reinigung, in der auch Malaika und Dunja arbeiten, aber dann wird sie als Synchronsprecherin für eine Serienhauptrolle entdeckt. Die Frau, der sie ihre Stimme leiht, ist Iranerin, daher hat sie eigentlich den falschen Akzent, aber das ist den Verantwortlichen offenbar egal. Das Detail ist typisch für Becker: "Wir haben noch immer die Aufgabe und Verantwortung, das jahrzehntelange Manko und Defizit in allen Fragen der Diskriminierung und Diversität im deutschen Film abzubilden und so der deutschen Einwanderungsgesellschaft gerecht zu werden." Eine "Fehlbesetzung" wie bei Haifas Synchronjob käme bei ihm nicht in frage, gelte es doch, "kulturelle, ethnische, konfessionelle und Genderfragen zu überbrücken und eben all’ den diversen Herkünften eine normale Partizipation und einen regulären Wiedererkennungswert zu geben." 

Die meisten der zentralen Mitwirkenden gehören zu Beckers Filmfamilie. Aus dem vielfältig zusammengestellten Ensemble ragt neben Hauptdarstellerin Inaam Al Battat und Sabrina Amali vor allem Murathan Muslu als BKA-Polizist heraus; der Österreicher beeindruckt auch diesmal wieder durch seine enorme physische Präsenz. Bei der Besetzung von Inaam Al Battat hat Becker allerdings gegen seine Prinzipien verstoßen: Sie ist gebürtige Irakerin, aber Haifa stammt aus Tunesien.