Er hat das vielleicht ungewöhnlichste Bischofsamt der Welt: Yassir Eric ist Oberhaupt für Hunderttausende, vielleicht Millionen Menschen, die vom Islam zum Christentum konvertiert sind. Die von ihm betreuten Gläubigen verteilen sich auf rund 80 Länder.
Mitte März erhob die anglikanische Kirche den 52-Jährigen in Ruandas Hauptstadt Kigali in den Bischofsstand. Damit ist Eric das weltweite Gesicht von Ex-Muslimen, die Christen geworden sind, sogenannten "Muslim Background Believers". Sie fühlen sich mit der von Eric gegründeten "Communio Messianica" ("Messianische Gemeinschaft") verbunden. Von Westafrika über den Nahen Osten und Zentralasien bis Indonesien reicht sein "Seelsorgebezirk", den er gemeinsam mit einem internationalen Team versorgt. Im Fokus stehen dabei Menschen, die wegen ihres Übertritts zum christlichen Glauben in muslimisch geprägten Ländern gravierende Nachteile, oft sogar harte Verfolgung erleiden.
Die Situation für Konvertiten in diesen Regionen ist knifflig. Häufig werden sie von ihren Familien verstoßen - und damit verlieren sie vielerorts auch alles, was in anderen Ländern das Sozialsystem übernimmt. In Staaten wie Somalia, Jemen oder Iran müssen sie damit rechnen, dass ihnen nach dem Leben getrachtet wird. Das von den Vereinten Nationen verbriefte Recht auf Religionsfreiheit, das den Wechsel des Glaubens enthält, treten solche Länder mit Füßen.
Aber selbst in Ägypten, wo die koptische Kirche ihren historisch angestammten Platz in der Gesellschaft hat, sind Konversionen nicht vorgesehen. Eine existierende Kirche darf ihren Glauben leben, Übertritte vom Islam zum christlichen Glauben sind tabu und können den Betroffenen ins Gefängnis bringen. Das heißt auch: Konvertiten können sich in solchen Ländern nicht einfach einer bestehenden Kirche zugesellen. Ihnen fehlt eine Gemeinde, die ihnen Heimat gibt. "Communio Messianica" möchte ihnen als globale Kirche dieses geistliche Zuhause bieten.
Zwei Jahre die Koranschule besucht
Yassir Eric weiß, wovon er redet, er ist selbst Konvertit. Er wurde im Sudan in eine einflussreiche muslimisch-fundamentalistische Familie geboren, besuchte zwei Jahre lang eine strenge Koranschule. Als er Christ wurde, schlug ihm der ganze Hass des Clans und der Behörden entgegen und brachte ihn vorübergehend sogar ins Gefängnis. Seit 1999 lebt er in Deutschland, hat dort eine Schwäbin geheiratet, besitzt inzwischen die deutsche Staatsbürgerschaft und arbeitet als Direktor des Europäischen Instituts für Migration, Integration und Islamthemen in Korntal. Zuvor betreute er fast zwei Jahrzehnte arabische evangelische Gemeinden in Baden-Württemberg.
Der promovierte Theologe unterstreicht, dass er sich nicht im Religionskrieg sehe. "Wir sind keine Islamfeinde", sagt er. Alles, was er für seine weltweit verstreute Herde von Christen mit muslimischem Hintergrund einfordert, ist Frieden und Religionsfreiheit. Muslimische Gesellschaften sollten einsehen, dass Christen nicht gegen sie stehen, sondern durch ihren Glauben sogar zu "besseren Bürgern" werden, meint er.
Dass Yassir Eric bei den Anglikanern gelandet ist, hat verschiedene Gründe. Es handelt sich um eine Kirche, die sich in einer historischen Tradition seit den Anfängen des Christentums sieht. Sie ist in der Ökumene anerkannt und weltweit vernetzt. Offiziell gehört Eric nun zur anglikanischen Bischofskonferenz in Ruanda, Verpflichtungen in dem Land hat er nicht. Wichtig ist ihm, dass er sich in seiner Arbeit gegenüber Erzbischof Laurent Mbanda verantworten muss - "er bietet mir geistliche Begleitung".
Aus dem Islam stammende Konvertiten können sich in muslimischen Ländern oft nicht organisieren, sondern treffen sich geheim. Deshalb hat Yassir Eric keinen Überblick, für wie viele Menschen er tatsächlich zuständig ist - offizielle Mitglieder der "Communio Messianica" gibt es nicht. Er sieht es als seine Aufgabe an, Stimme für verfolgte Christen zu sein. So wie sich der Papst für verfolgte katholische Priester einsetze, wolle er die Situation verfolgter Christen mit muslimischem Hintergrund verbessern - und dazu helfe das Bischofsamt. Durch Besuche will Eric den Konvertiten Hoffnung machen. Außerdem soll ihre christliche Identität durch Lehrmaterial und Konferenzen sowie durch persönliche Betreuung und Seelsorge gestärkt werden.