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27. März, 3sat. 22.25 Uhr
TV-Tipp: "Für dich dreh ich die Zeit zurück"
Musik ist der beste Jungbrunnen: Ein Song genügt, und schon ist die Jugend wieder präsent. Nach dieser Methode funktioniert auch die wunderbar gespielte Seniorenkomödie "Für dich dreh ich die Zeit zurück".

Weil die an Alzheimer erkrankte Gattin Erika (Gisela Schneeberger) mehr oder weniger in der Vergangenheit lebt, lässt der Wiener Rentner Hartmut (Erwin Steinhauer) musikalisch die Siebzigerjahre wieder aufleben, als sie sich in einander verliebt haben; Rückblenden im typischen Licht der Siebzigerfilme erinnern an einen unbeschwerten Urlaub, den die beiden gemeinsam mit einem befreundeten Pärchen verbracht haben. Perfekt wird die Illusion jedoch erst, als Enkelin Helena (Ella Rumpf) mit einem Umzugslaster voller Mobiliar anrückt und die beiden das Eigenheim in ein Retro-Museum umgestalten, knallbunte LSD-Tapeten inklusive (ein Fest für Ausstatterin Verena Wagner). Hartmut weiß, dass die Glücksmomente nur kurz sind, aber sie angesichts der rapide fortschreitenden Demenz überhaupt noch mal erleben zu dürfen, erfüllt ihm seinen größten Wunsch. 

Natürlich ist die Geschichte (Erstausstrahlung war 2017) eigentlich unendlich traurig; aber die beiden Hauptdarsteller lassen die Tragik nur unterschwellig zu. Gerade Steinhauer ist großartig als liebevoller Ehemann, der dem Rest der Welt grantelnd, schimpfend und fluchend begegnet, allen voran seinem Sohn Thomas (Simon Schwarz), der so völlig anders ist als er selbst; aus gutem Grund, wie sich später zeigt. Eine traumhaft sichere Gratwanderung gelingt auch Gisela Schneeberger: Erikas Aussetzer sorgen für die komische Ebene des Films, aber sie wird nie zur Witzfigur, zumal die Krankheitssymptome nicht beschönigt werden; die alte Dame entwickelt sich mehr und mehr zu einem kleinen Kind, das keinen Moment allein gelassen werden darf. Hartmut wiederum fürchtet sich vor dem Moment, wenn nur noch er allein sich an die gemeinsame Vergangenheit erinnert, weil seine Erinnerungen dann wertlos würden. Eine Ärztin rät ihm, Erika dabei zu helfen, ihren inneren Frieden zu finden; aber Erika liegt offenbar noch etwas auf der Seele, weshalb sie immer wieder zu dem Album mit den Fotos vom Urlaub zu viert greift. 

Das Drehbuch (Uli Brée und Klaus Pieber) versorgt die beiden großen Mimen ohnehin mit viel Spielmaterial. Die eigentliche Handlung ist relativ überschaubar, aber bei Schneeberger und Steinhauer in den besten Händen. Deshalb wäre es im Grunde auch gar nicht nötig gewesen, der Enkelin einen eigenen Erzählstrang mit lesbischer Beziehung, bevorstehender Club-Eröffnung und ungewollter Schwangerschaft einzurichten; darstellerisch kann die immerhin recht attraktiv besetzte Nebenebene (Miriam Fussenegger spielt Helenas Freundin) ohnehin nicht mit den beiden Stars mithalten. Wichtiger für die Entwicklung der Ereignisse ist das Nachbarschaftspaar Jochen und Angi (Wolfgang Böck, Andrea Eckert). Gerade Angi spritzt eine Menge Gift in Richtung Erika; dabei handelt es sich bei den beiden Nachbarpaaren um die Pärchen aus den lebensfrohen Rückblenden. 

Eine weitere maßgebliche Rolle spielt in diesem Film selbstredend die Musik, deren Auswahl allerdings etwas wahllos wirkt, weil sie von Pink Floyd über Neil Young und Bob Dylan bis Abba und Boney M. reicht. Entscheidender aber sind natürlich die Lebens- und Zeitgefühle, die durch das Wiederhören mit den Hits geweckt wird. "Dschinghis Khan", deutscher Eurovisionsbeitrag 1979 der gleichnamigen Gruppe, sorgt für die schönste Szene des Films (Regie: Nils Willbrandt). Weil die Medien auf Hartmuts Engagement aufmerksam geworden sind und er im TV-Interview bedauert hat, dass Erikas Illusion vor der Haustür endet, sorgt die gesamte Siedlung dafür, dass sich das ändert, und bietet zu den Klängen des Songs eine mitreißende Choreografie (ein Fest für Kostümbildnerin Caterina Czepek). Doch "Für dich dreh ich die Zeit zurück" ist eine Tragikomödie und kein Märchen, weshalb sich das Erlebnis als Tagtraum entpuppt. Umso schöner, dass der Film zwar realistisch, aber dennoch versöhnlich endet.