Vor dem Haus mit der Nummer 10 in der Via Angelo Berardi im Südosten Roms ist eine quadratische Messing-Plakette in den Boden eingelassen. Das Messing glänzt noch, der darauf geschriebene Name strahlt dem Fußgänger hell entgegen. "Hier wohnte Carlo Camisotti" steht auf dem Stolperstein, "geboren 1902, verhaftet am 14.3.1944, getötet am 24.3.1944 in den Fosse Ardeatine."
Etwa fünf Kilometer Luftlinie entfernt findet man Carlo Camisottis Namen erneut. Auf dem Steinsarg mit der Nummer 96, auf dem über seinem Namen auch ein Foto prangt: Das dunkle Haar auf der Seite ordentlich gescheitelt, die gestreifte Krawatte um den weißen Hemdkragen gebunden, die Lippen zu einem zarten Lächeln geformt. Camisottis Sarg im Mausoleum der Ardeatinischen Höhlen (italienisch: Fosse Ardeatine). Vor 80 Jahren haben die deutschen Besatzer hier ein grauenvolles Massaker verübt.
Nur wenige Gehminuten entfernt von dem Haus, in dem Carlo Camisotti lebte, stolpert man erneut. Vor einem Hoftor in der Via Capua 54 erinnert eine weitere Messing-Plakette im Boden an eines der Opfer des Massakers: Paolo Angelini. Er und Camisotti gehörten zu einer Gruppierung der Kommunistischen Partei, die im damaligen 8. Bezirk von Rom operierte, einer Hochburg der Partisanen, die gegen die deutschen Besatzer kämpften. Auf der Scheibe finden sich dieselben Daten, wie auf jener, die an Camisotti erinnert: "verhaftet am 14.3.1944, getötet am 24.3.1944 in den Fosse Ardeatine." Sein Steinsarg im Mausoleum der Ardeatinischen Höhlen ist nur wenige Meter von dem seines Kameraden entfernt, er trägt die Nummer 140.
Camisotti und Angelini wurden verhaftet, während sie mit anderen auf dem Weg zu einem italienischen Offizier waren, der im Dienste der SS stand. Er war für zahlreiche Verhaftungen in ihrem 8. Bezirk verantwortlich. Das Ziel der Gruppe: ihn töten. Sie wurden erkannt, verhaftet und kamen ins Gefängnis. Zehn Tage später zählten die beiden Männer zu jenen 335, die auf Lastwagen zu den Tuffsteinhöhlen an der Via Ardeatina gefahren wurden. In Fünfergruppen führten ihre Mörder sie in das stillgelegte Bergwerk, ihre Hände waren auf dem Rücken gefesselt. Sie mussten sich niederknien und wurden durch Genickschüsse getötet. Mehr als fünf Stunden dauerte das Grauen. Dann wurden die Höhlen gesprengt, die Getöteten darin begraben.
Am 24. März 1944 töteten SS-Männer in den Höhlen 335 Jungen und Männer - aus Rache. Einen Tag zuvor hatten italienische Widerstandskämpfer in der Via Rasella in der Innenstadt von Rom einen Bombenanschlag verübt, bei dem 33 Mitglieder eines deutschen Besatzungstrupps getötet wurden. Als Vergeltung sollten für jeden getöteten Deutschen zehn Italiener hingerichtet werden, am Ende wurden es sogar 335. Aus Gefängnissen wurden politische Gefangene - Partisanen, Kommunisten, Antifaschisten - geholt. Hinzu kamen 75 Juden, die eigentlich in Vernichtungslager deportiert werden sollten.
Organisiert wurde das Massaker von SS-Kommandant Herbert Kappler und SS-Hauptsturmführer Erich Priebke. Kappler wurde später in Rom zu lebenslanger Haft verurteilt. Kurz nach der Befreiung Roms im Juni 1944 begann man, die Leichen der Opfer auszugraben und zu identifizieren. 1949 wurde die Gedenkstätte eingeweiht. Zum 80. Jahrestag ist Kulturstaatsministerin Claudia Roth (Grüne) von ihrem Amtskollegen Gennaro Sangiuliano eingeladen worden.