Die Polizisten auf der Schwabinger Wache geraten ins Schwitzen. "Ziehen Sie sofort Ihr Kleid wieder an!", rufen sie Barbara zu, die mit ihrer Striptease-Einlage gerade ihrem Freund zur Flucht verholfen hat. Auf diese Szene aus dem Film "Zur Sache, Schätzchen" (1968) wird Uschi Glas auch Jahrzehnte später noch angesprochen. Sie habe sich extra eine Korsage anfertigen lassen, "um meine Haut zu retten", sagte sie 2019 im "Spiegel"-Interview. Denn: "Ich zeige mich nicht nackt."
Die damals erst 23-jährige Uschi Glas bewies hier durchaus Mut, denn sie widersprach zugleich den Wünschen des männlichen Produzenten und dem 68er-Zeitgeist. Die in München lebende Schauspielerin, die sich auch später nie verbiegen lassen wollte, wird am 2. März 80 Jahre alt.
Ihr widerspenstiger Geist geht offenbar auf ihre Kindheit zurück: Geboren wurde sie als Helga Ursula Glas im niederbayerischen Landau an der Isar. Ihr Vater war evangelischer Franke, ihre Mutter Katholikin aus Schwaben, die - "zum Entsetzen der Großeltern" - aus Liebe evangelisch geworden sei, erzählte Uschi Glas 2013 im Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst (epd). "Das war nicht einfach, wir Evangelische waren ja Ketzer. Ich wurde als Kind verlacht."
"Die Erfahrung, wegen meiner Konfession oder meines dunklen Teints ausgegrenzt zu werden, hat mich rebellisch gemacht."
Die Erfahrung, "wegen meiner Konfession oder meines dunklen Teints ausgegrenzt zu werden, hat mich rebellisch gemacht. Deshalb hinterfrage ich immer und nehme nichts als gegeben hin". Das sei auch ihr Problem mit den 68ern gewesen, die alle "im Gleichschritt gerannt" seien. Sie, die gegen den Strom geschwommen sei und Willy Brandt (SPD) nicht unterstützt habe, habe da eine unglaubliche Intoleranz erfahren, erinnerte sich Glas: "Entweder du machst mit oder du bist draußen." Zum Glück habe sie das als Schauspielerin überlebt.
Ihre erste große Rolle hatte Uschi Glas an der Seite von Pierre Brice, Lex Barker und Götz George als Apanatschi im Film "Winnetou und das Halbblut Apanatschi" (1966). Zu hören ist sie im Film allerdings nicht: Für eine junge Frau aus dem "Wilden Westen" sprach sie einfach zu bayerisch und wurde kurzerhand nachsynchronisiert.
"Zur Sache Schätzchen"
In den 60ern und 70ern folgten "Zur Sache, Schätzchen" mit rund 6,5 Millionen Kino-Zuschauern, die "Pauker"-Filme rund um Pepe-Nietnagel ("Wir hau'n die Pauker in die Pfanne", "Pepe der Paukerschreck") und Klamauk-Liebeskomödien ("Wenn mein Schätzchen auf die Pauke haut", "Hilfe, ich liebe Zwillinge"). Diese Zeit sei für sie wie eine Lehrzeit gewesen, sagte Uschi Glas.
Ab den 80er Jahren tauchte die Schauspielerin vermehrt in Serien auf, die bekannteste dürfte "Zwei Münchner in Hamburg" (ZDF, 1989-1993) sein. An der Seite des 2023 verstorbenen Elmar Wepper spielte sie eine Münchner Bankerin, die nach Hamburg versetzt wird. 1994 und 1998 folgten die zwei Sat.1-Serien "Anna Maria - Eine Frau geht ihren Weg" und "Sylvia - eine Klasse für sich".
Regelmäßig ist sie bis heute auch in populären Fernsehformaten wie der "Rosamunde Pilcher"- oder der "Uta Danella"-Reihe zu sehen. Bei der jüngeren Generation erlebte sie vor wenigen Jahren ein Revival als suizidgefährdete Lehrerin Ingrid Leimbach-Knorr in "Fack ju Göhte".
Neben der Schauspielerei ist Uschi Glas, Mutter von drei Kindern, auch politisch und sozial engagiert. 2009 gründete sie den Verein "brotZeit", der Kinder in Grundschulen mit einem Frühstück versorgt. Auslöser sei ein Radiobeitrag gewesen, wonach es in einer reichen Stadt wie München Tausende hungernde Grundschüler gebe, sagte Glas. "Ich hab erst mal eine Gänsehaut bekommen und mich richtig geschämt." Dann habe sie die Schulen in München angeschrieben und herausgefunden, dass tatsächlich viele Kinder kein Abendbrot oder Frühstück bekommen. Aktuell gibt es laut Vereins-Website an bundesweit 375 Schulen "brotZeit"-Frühstücke.
Es gibt nur einen Gott für Uschi Glas
Auch in der Corona-Pandemie zeigte Uschi Glas Haltung und warb für Corona-Impfungen. Womit sie nicht gerechnet hat: dass ihr dabei so viel "abartiger Hass" entgegenschlage, sagte sie 2021 der "Passauer Neuen Presse". Geschockt zeigte sich Glas vor allem von der wahnsinnigen Wut der Menschen: "Die teilen ohne Hemmungen aus. Ich frage mich, was in denen vorgeht."
Gelassenheit hat sie sich beim Thema Alter bewahrt. "Ich lebe richtig gern", sagte sie. Sie möchte ihr Leben bewusst wahrnehmen, weil die Uhr ticke. Sie sei zwar immer noch evangelisch, aber sie glaube nicht an einen evangelischen oder katholischen Gott. "Es gibt für mich nur einen Gott." Und sie glaube, dass es mehr gebe als nur Geburt, Leben und Tod. Angst vor dem Sterben oder dem Altern habe sie daher nicht. Man könne dem Alter ohnehin nicht ausweichen: "Wenn du nicht alt werden willst, musst du vorher sterben. Und dann wäre es dumm gelaufen."