Richard C. Schneider auf einer Podiumsdiskussion 2019
Amrei-Marie/CC BY-SA 4.0/commons.wikimedia.org
Autor und Filmemacher Richard C. Schneider erklärt auf der Konferenz "7. Oktober"des Zentralsrats der Juden die religiös motivierte Siedlerbewegung im Gaza-Streifen. (Archivfoto)
Keine Zwei-Staaten-Lösung
Autor: Fundamentalisten wollen Gaza besiedeln
Jüdische Fundamentalisten sähen im gegenwärtigen Krieg gegen die Hamas die Gelegenheit, den "Fehler" der Räumung von Gaza rückgängig zu machen, so der langjährige Israel-Korrespondent der ARD, Richard C. Schneider.

Auf der Konferenz "Der 7. Oktober" des Zentralrats der Juden in Deutschland in Frankfurt am Main spricht Richard C. Schneider die Absichten jüdischer Fundamentalismen an, wieder in Gaza anzusiedeln. Die Räumung der jüdischen Siedlungen im Gaza-Streifen 2005 sei für die religiös motivierte Siedlerbewegung traumatisch gewesen, erklärt der Autor und langjähriger Israel-Korrespondent der ARD. Die religiöse Ideologie der Siedler spiele heutzutage eine wichtige Rolle in Israel, erklärte Schneider. Nach dieser sei "das Land von entscheidender Bedeutung zur Erlösung".

Das Konzept des messianischen Judentums sei ein völlig anderes als das Konzept des Zionismus von Theodor Herzl, dem es um politische Unabhängigkeit der Juden und damit um Freiheit gegangen sei. Heute habe sich in Israel das religiöse Konzept von Freiheit als Erlösung durchgesetzt. Die Siedler hätten ihren "Marsch durch die Institutionen" gemacht und stellten Koalitionspartner in der derzeitigen Regierung. Ihr Denken bestehe darin: "Wenn das ganze Land gewonnen wird, kommt der Messias, und alles wird gut."

Viele Israelis hofften, dass die Regierungskoalition von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu nach Beendigung des Krieges in Gaza am Ende sei, sagt Schneider. Aber dann gebe es die Ideologie der Siedler weiterhin. Diese wollten keine Zwei-Staaten-Lösung mit den Palästinensern. "Ich sehe noch lange nicht, wie ein israelischer Premier die Siedlungen auflösen könnte, selbst wenn er wollte, ohne ein Blutbad auszulösen", sagt der Journalist. "Und wenn jetzt Gaza nicht wieder besiedelt wird, wird die Aggression der Fundamentalisten wachsen." Der säkulare Teil Israels werde es sehr schwer haben. Die Juden in anderen Ländern müssten ihren Einfluss für die säkulare Demokratie in Israel geltend machen.

Die jüdischen Fundamentalisten unterschieden sich jedoch stark von den islamischen Fundamentalisten der Hamas, erklärt Schneider. Die Siedler übten zwar Gewalt gegen Palästinenser aus, um sie zu vertreiben, sie verübten aber keine Massaker an Frauen und Kindern. Die Hamas als palästinensischer Ableger der Muslimbruderschaft hingegen wolle die Juden vernichten. Die Muslimbruderschaft habe den "eliminatorischen Antisemitismus" der Nazis übernommen, dass die Juden das Böse schlechthin seien und vernichtet werden müssten, um die Welt zu erlösen. Ein solches Denken gebe es umgekehrt in der jüdischen Siedlerbewegung nicht.