Marktstand mit regionalem Gemüse
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Zu regionalem Einkaufen und zu bewußter Ernährung rufen die kirchlichen Landjugendverbände im Hinblick auf die Bewahrung der Schöpfung auf.
Junge Bauern und Bäuerinnen
"Welche Landwirtschaft wollen wir haben?"
Sie haben nur kleine Stände in den riesigen Messehallen. Dennoch sind sie seit Jahrzehnten ein wichtiger Gast auf der Grünen Woche. Die Evangelische Jugend und die Katholische Landjugendbewegung im ländlichen Raum dringen darauf, die Landwirtschaft nicht allein nach ökonomischen Maximierungs-Regeln zu betreiben, sondern sie auch als Teil der Schöpfungsbewahrung zu begreifen. Nur müsse es dafür auch einen politischen und gesellschaftlichen Konsens geben, dass Bauern von ihrer Arbeit dauerhaft leben können.

"Es sind vor allem junge Menschen, die gerne in der Natur unterwegs sind, gerne mit Tieren arbeiten, aber sich auch für Technik interessieren. Wir brauchen Planungssicherheit in der Landwirtschaft und eine Perspektive", sagt Sarah Schulte-Döinghaus, Bundesvorsitzende der Katholischen Landjugendbewegung in Deutschland KLJB auf der "Internationalen Grünen Woche Berlin", einer Messe, auf der Unternehmen der weltweiten Agrar- und Ernährungswirtschaft ihre Produkte präsentieren.

Dass nun draußen vor den Messehallen die Bauern mit ihren Treckern demonstrieren, dafür hat die KLJB-Vorsitzende Verständnis. Denn es gehe darum, aufmerksam zu machen und alle wach zu rütteln. 

"Wir müssen Lebensmittel wieder mehr wertschätzen. Das muss sich durch den Preis widerspiegeln und durch unseren Konsum: Was kaufe ich im Supermarkt und greife ich wahllos oder nehme ich das, wo ich weiß, das kommt hier aus der Region", so Sarah Schulte-Döinghaus weiter.

Seit Jahren rufen die kirchlichen Landjugendverbände immer wieder zu einer bewussten Ernährung auf. Ihre ständige Botschaft: Kauft und konsumiert regional und saisonal, um die Landwirtschaft am Ort zu unterstützen. Wenn es denn eine Landwirtschaft in der Nähe noch gibt. Denn einerseits gebe es einen Trend, dass junge Menschen sich wieder einen Beruf in der Landwirtschaft vorstellen können. Andererseits haben sie dabei immer schlechtere Chancen.

"Wir sind für staatliche Existenzgründungsprämie"

"Gerade für junge Leute, die keinen landwirtschaftlichen Hintergrund haben, ist das eine Rieseninvestition, die man auf sich nehmen muss, wenn man einen landwirtschaftlichen Betrieb entweder gründen oder neu einsteigen möchte. Wir sind für eine staatliche Existenzgründungsprämie", fordert der Agrartechniker Jannik Sanftenberg aus dem KLJB-Vorstand.

Denn bei einer sehr hohen Arbeitszeit würden die meisten kleinen und mittelgroßen Bauernhöfe nur wenig Einnahmen erzielen. Es bräuchte aber Kapital, um in den eigenen Betrieb investieren zu können. Hinzu käme etwa auch noch die eigene Rentenabsicherung. Dabei gebe es ein Riesenpotenzial junger engagierter Menschen, die gerne auf dem Land arbeiten wollten. Dieses gelte es zu unterstützen.

"Die meisten Betriebe existieren nur, weil die Leute einfach Lust darauf haben. Sie wollen in der Landwirtschaft arbeiten, sie identifizieren sich damit. Sie mögen einfach die Natur. Sie mögen es, draußen zu sein. Sie mögen es, Nahrungsmittel zu produzieren. Wer es wegen des Geldes macht, das ist eine Minderheit. Das sind dann die großen Agrarbetriebe, die das als Investment sehen. Aber der Landwirt, den es bei uns im größten Teil noch im ländlichen Raum gibt, der ist am Existenzminimum und muss hart dafür kämpfen, dass er noch überleben kann", schildert Jannik Sanftenberg von der KLJB.

Ein Hauptproblem ist, dass gerade kleinere Höfe zu wenige Ackerflächen haben, um kostendeckend produzieren zu können. Also brauchen sie zusätzliche Pachtflächen. Flächen, die auch Kirchengemeinden zur Verfügung stellen könnten. Das sieht so etwa auch Karsten Schulz, Referent bei der Arbeitsgemeinschaft der Evangelischen Jugend in Deutschland aej.

evangelisch.de Autor Thomas Klatt (rechts) im Gespräch mit Karsten Schulz (Mitte), Referent für evangelische Jugend  bei der Arbeitsgemeinschaft der Evangelischen Jugend in Deutschland, und Michael Schradi (links), Diakon und Bildungsreferent Evangelische Jugend beim Evangelischen Jugendwerk in Württemberg.

"Das Kirchenland gehört meist den Gemeinden, und da muss jeder für sich entscheiden. Welche Landwirtschaft wollen wir haben? Es geht nicht nur um die, die jetzt am stärksten schreien oder auf einmal meinen, sie müssen jetzt im Kirchenvorstand sein, um alles zu kriegen. Sondern es geht um die, die eine nachhaltige Landwirtschaft machen und eine sozialökologische Transformation wollen", sagt Schulz.

Es sei somit eine bewusste Entscheidung: Weniger Pachteinnahmen, dafür aber mehr sozialverantwortliche kleinteilige Landwirtschaft. Kirche ist dabei nicht nur ein großer Landbesitzer, sondern auch ein großer Bildungsträger. Gerade da hätten Christen eine Verantwortung, sich für eine nachhaltige und gesunde Landnutzung einzusetzen.

"Wenn Ihr Ferienfreizeiten macht, wenn Ihr irgendwelche Seminarreihen habt, plant einfach inhaltlich ein, dass Ihr auf einen Bauernhof geht. Schaut Euch an, wo die Sachen herkommen und dann kauft dort die Sachen. Für eine Ferienfreizeit kann ich sagen, da kaufe ich jetzt alle Kartoffeln. Und die Leute bekommen mit, wie es aussieht", fordert Karsten Schulz von der aej weiter.

In der Evangelischen Kirche von Hessen und Nassau gibt es etwa schon die Aktion "Gemeinsam beten!" Dort werden Beete gemeinsam nachhaltig angelegt. Die Kampagne "Marmelade für alle" verarbeitet Früchte, die keiner mehr haben will. "Inklusion fängt beim Gemüse an. Dass man krummes Gemüse nimmt oder krumme Früchte, die nicht marktkonform sind und man stellt fest, es schmeckt genauso gut", so Schulz weiter.

Vor allem brauche es eine größere Aufmerksamkeit für die, die unser aller täglich Brot und die Nahrungsmittel produzieren. Auch wenn die Trecker immer größer werden und auf den aktuellen Demonstrationen fast schon angsteinflößend wirken. Jeder könne mit Bauern ins Gespräch kommen. Es lohne sich, verspricht Michael Schradi, Diakon und Bildungsreferent Evangelische Jugend im ländlichen Raum beim Evangelischen Jugendwerk in Württemberg: "Man hat ja immer den Eindruck, die Landwirte haben keine Zeit, weil die arbeiten und arbeiten und arbeiten. Meine Erfahrung ist, wenn man einen Landwirt anspricht, der hat immer Zeit. Der steigt vom Trecker herunter und hat Zeit zum Reden. Und zwar dann mehr Zeit, als ich je erwartet hätte. Und die erzählen die Dinge, was sie gerade umtreibt."