Die Nachricht vom Tod des russischen Regimekritikers Alexej Nawalny hat in Deutschland und Europa Erschütterung ausgelöst. "Wir sind sehr bedrückt", sagte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) am Freitag in Berlin. Der Tod des Dissidenten sei "etwas ganz Furchtbares", sagte Scholz, und diene auch als Zeichen, wie sich Russland verändert habe.
"Nach den nun schon lange zurückliegenden hoffnungsvollen Entwicklungen in Richtung Demokratie, ist das längst keine Demokratie mehr", sagte er. Andere wurden noch deutlicher: "Das Regime Putin hat ihn auf dem Gewissen", erklärte etwa Vize-Kanzler Robert Habeck (Grüne) zum Tod Nawalnys.
Scholz sprach nach einem Treffen mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj in Berlin der Familie Nawalnys sein Beileid aus. Auch wenn die Nachricht am Freitagnachmittag noch nicht unabhängig bestätigt war, müsse man "mit hoher Wahrscheinlichkeit davon ausgehen", dass sie zutreffe, sagte Scholz zu diesem Zeitpunkt.
Nawalny war nach Angaben der staatlichen russischen Nachrichtenagentur TASS am Freitag in der Strafkolonie im Norden Russlands, in der er inhaftiert war, zusammengebrochen und gestorben. Der 47-Jährige war seit Langem ein Opponent des russischen Präsidenten Wladimir Putin. Er saß seit 2021 in Russland in Lagerhaft. 2020 überlebte er einen Giftanschlag. Nach seiner erfolgreichen Behandlung in Deutschland war er nach Russland zurückgekehrt.
Wie kaum ein anderer sei Nawalny "Sinnbild für ein freies und demokratisches Russland", gewesen, erklärte Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) auf der Plattform X, vormals Twitter. "Genau deswegen musste er sterben", ergänzte sie. Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell schrieb auf der Plattform, er sei schockiert. Während man auf weitere Informationen warte, sei klar: "Dies ist allein Putins Verantwortung."
Habeck, Merkel und Merz melden sich zu Wort
Bundeswirtschaftsminister Habeck erklärte, Nawalny habe sein Leben verloren in seinem Einsatz für ein besseres Russland. "Er war ein Patriot, der sich für Demokratie und den Rechtsstaat einsetzte und sein Land und die Menschen dort liebte", sagte Habeck. Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP), der auf seinem Kanal bei X regelmäßig daran erinnerte, wie lange der Putin-Gegner Nawalny schon inhaftiert war, erklärte dort, Nawalny habe für ein demokratisches Russland gekämpft. "Putin hat ihn dafür zu Tode gequält. Das ist ein neuer, erschütternder Beleg für den verbrecherischen Charakter dieses Regimes", erklärte er.
Auch die frühere Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), die Nawalny während seiner Behandlung nach dem Giftgasanschlag in Berlin besucht hatte, meldete sich entsetzt zu Wort. "Er wurde Opfer der repressiven Staatsgewalt Russlands", erklärte sie. Eine "mutige, unerschrockene und sich für sein Land einsetzende Stimme" sei mit fürchterlichen Methoden zum Verstummen gebracht worden.
Auch CDU-Chef Friedrich Merz (CDU) übte scharfe Kritik an Russland. "Das System Putin hat sein menschenverachtendes Gesicht erneut gezeigt", schrieb er bei X. Der Linken-Vorsitzende Martin Schirdewan erklärte, der Tod Nawalnys sei "ein politischer Mord mit Ansage". Die Schuldigen müssten zur Rechenschaft gezogen werden, forderte er und verlangte eine international geführte Aufklärung sowie die Freilassung politisch Gefangener in Russland. Auch die Menschenrechtsorganisation Amnesty International forderte eine unabhängige Aufklärung der Todesumstände.