Die aktuellen Verjährungsregeln seien "schwierig, weil Betroffene oft erst nach Jahren die Kraft finden, über den erlittenen Missbrauch zu sprechen", sagte die promovierte Juristin: "Das ist eine der Stellschrauben, es könnten längere Fristen für Disziplinarverfahren eingeführt werden."
In einer unabhängigen Studie, die Ende Januar vorgestellt wurde, sind bundesweit für den Zeitraum 1946 bis 2020 mindestens 2.225 von sexualisiertem Missbrauch betroffene Minderjährige und 1.259 mutmaßliche Täter ermittelt worden. Es sei davon auszugehen, dass dies nur die "Spitze der Spitze des Eisbergs" sei, hieß es.
Die innerkirchlichen Sanktionen reichten vom Verweis über Geldbußen, Versetzungen in den Wartestand oder Ruhestand, Kürzungen der Bezüge bis hin zu Entlassungen, je nach Schwere des Delikts, sagte Vogel: "Einige Fälle, die wir haben, sind so furchtbar, dass ich jedem und jeder Betroffenen am liebsten sofort ermöglichen würde, zu klagen, egal wie lange es her ist." In der Landeskirche wurden im Rahmen der Studie 116 Fälle betroffener Minderjähriger benannt und 41 Beschuldigte ermittelt.
Zur Frage möglicher Entschädigungszahlungen sagte Vogel, die Entschädigung in Geld sei nur eine Form der Anerkennung. "Ich würde vorsichtig sein, vorschnell mit Geld die Schuld zuschütten zu wollen", sagte sie: "Das kann nur ein Strang sein, in welcher Höhe auch immer." Die Anerkennungskommission der Landeskirche könne Unterstützungsleistungen von 15.000 bis 50.000 Euro an Betroffene vergeben. Seit 2019 seien so rund 200.000 Euro an 16 Menschen gezahlt worden.
Wichtig sei, dass die Betroffenen die Kirche "als lernende Institution erleben, die nicht erneut verletzt, indem sie weghört und abwiegelt", sagte Vogel. Jeder Betroffene, der sich melde, müsse gehört werden. Die Prävention müsse verbessert werden. Risikofaktoren für sexualisierte Gewalt müssten minimiert werden. "Es ist absolut wichtig, dass das Thema oberste Priorität behält und nicht zu einem Thema unter vielen wird", sagte die Konsistorialpräsidentin.