"Wir sprechen über Landeskirchen mit großen Etats, mit vielen Mitarbeiterinnen, und nicht über kleine Klitschen.", sagte Großbölting.
Ende Januar hatten Forscher die Ergebnisse der ForuM-Studie über sexualisierte Gewalt in der Kirche vorgestellt, Großbölting war an dem Forschungsprojekt beteiligt, das von der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) in Auftrag gegeben worden war. Demnach gab es in der evangelischen Kirche und in Einrichtungen der Diakonie weit mehr sexualisierte Gewalt als bislang angenommen. Die unabhängige und interdisziplinäre Studie spricht von mindestens 2.225 Betroffenen und 1.259 mutmaßlichen Tätern.
Zugleich wird von weitaus mehr Fällen ausgegangen. Die Landeskirchen hatten bis auf eine dem Forschungsverbund lediglich Disziplinarakten geliefert, und nicht - wie ursprünglich vereinbart - auch Personalakten. Nach Veröffentlichung der Studie und Kritik an der schmalen Datenbasis hatten die Kirchen argumentiert, das Sichten der großen Menge an Personalakten habe ihre Verwaltungen überfordert. "Personalaktensichtung kostet Zeit und Geld, da muss man vielleicht auch zusätzliches Personal einstellen, keine Frage", sagte Großbölting. Der Historiker sprach von einer "Mischung von Unwillen und Unterschätzung".
Bundesbeauftragte Claus wies die Argumentation der Kirchen ebenfalls zurück. Im Auswahlgremium für die Studie seien von Anfang an landeskirchliche Leitungen mit am Tisch gewesen. "Sich heute hinzustellen und zu sagen, die EKD hätte etwas unterschrieben, das auf landeskirchlicher Ebene nicht umsetzbar ist, ist für mich nicht akzeptabel", sagte Claus.